26.09.2012

Israel

Written Statement (deutsche Fassung)

Die Situation arabischer Bürger in Israel

1. Arabische Israelis machen derzeit ein Fünftel der Gesamtbevölkerung von 7,5 Millionen Menschen in Israel aus. Ungefähr 80 Prozent dieser Gruppe sind sunnitische Muslime, neun Prozent sind Christen und neun Prozent Drusen. In der Unabhängigkeitserklärung von 1948 verpflichtete sich der Staat Israel dazu, all seinen Einwohnern ungeachtet von Religion, Rasse und Geschlecht soziale und politische Gleichstellung wie auch Religions- und Gewissensfreiheit zu gewähren.

Arabische Israelis besitzen einen israelischen Ausweis und können ihre eigenen Parteien in das Israelische Parlament, die Knesset, entsenden. Ihre wirtschaftliche und soziale Stellung ist allerdings immer noch deutlich schlechter als die ihrer jüdischen Mitbürger. Sie verdienen lediglich 70 Prozent eines durchschnittlichen Gehalts. Die Arbeitslosenquote arabischer Israelis ist zweieinhalb Mal höher als die jüdischer Israelis. Mehr als 50 Prozent von ihnen leben unterhalb der Armutsgrenze – dreimal so viele wie jüdische Israelis. Es existieren zwar staatlich finanzierte arabische Schulen, doch, gemäß einer OECD Studie aus dem Jahr 2010, investiert der Staat durchschnittlich ein Drittel mehr in jüdische Studenten als in arabisch israelische. Auch wenn sich die wirtschaftliche und soziale Gesamtsituation der arabischen Einwohner seit der Gründung des israelischen Staates verbessert hat, hat die Regierung es bisher vermieden genauso viel in die Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten für arabische Israelis zu investieren wie in die der jüdischen Einwohner.

Die Situation der arabischen Beduinen in der Wüste Negev

2. Aufgrund der kontinuierlichen Besiedelung durch jüdische Siedler seit Beginn des 20. Jahrhunderts und durch die Festlegung der Grenzen zwischen Israel, Jordanien und Ägypten wurden die arabischen Beduinen in ihrer Bewegungsfreiheit radikal eingeschränkt.

Sie waren dazu gezwungen sich von der reinen Kamelzucht abzuwenden und zur Haltung kleinerer Tiere und dem Betreiben von Landwirtschaft überzugehen.

Sie wurden zu Halbnomaden; von 95 in der Wüste angesiedelten Stämmen blieben lediglich 19, 130 000 Menschen, übrig. Während circa die Hälfte der beduinischen Bevölkerung in den sieben von der Regierung geplanten Townships lebt, lebt der Rest in 46, meist „illegalen“, Siedlungen. Aufgrund einer Resolution von 1965 muss jedes Gebäude eine Baugenehmigung besitzen, die traditionellen Landrechte der Beduinen werden nicht anerkannt. Staatliche Anstrengungen, sie gewaltsam umzusiedeln sind folglich legitimiert worden. Da die Beduinendörfer mit den Siedlungsplänen der israelischen Regierung kollidieren, leben die Bewohner der nicht anerkannten Städte mit der permanenten Angst, ihre Häuser zu verlieren. Die israelische Regierung will das Gebiet für militärische Anlagen, landwirtschaftliche Projekte sowie jüdische Siedlungen verwenden. Eine gewisse Anzahl von Fällen muss als eine Diskriminierung der arabischen Beduinen in Israel betrachtet werden. Beispielsweise wurden am 16 Januar 2011 in dem Ort Al-Arakib zum neunten Mal Gebäude durch die israelische Landverwaltung (ILA) abgerissen. Während der Proteste gegen die Zerstörung ihrer Häuser durch die ILA, welche von der Polizei begleitet wurde, wurden etliche Menschen festgenommen sowie fünf verletzt.

3. Trotz der gesetzlichen Verpflichtung des Staates alternative Wohnmöglichkeiten für die betroffenen Menschen bereitzustellen, verbleiben viele Vertriebene obdachlos. Darüber hinaus sind die Zustände in den Siedlungen unmenschlich: Die Wasser- und Stromversorgung ist nahezu überall unzureichend; die Armut, Arbeitslosigkeit und Jugendkriminalität außergewöhnlich hoch. Ein Beispiel ist das Beduinendorf Wadi Na’am das nah an einem Truppenübungsplatz, einer Öllagerstätte, einer Giftmüllverbrennungsanlage und einem Kraftwerk liegt. Es ist von Masten eingekesselt. Als Konsequenz treten ernsthafte Gesundheitsprobleme bei der Bevölkerung auf: Hautkrebs, Asthma, Augenkrankheiten und Fehlgeburten. Hinzu kommt eine unzureichende medizinische Versorgung. Statt nach einer gerechten Lösung zu suchen, die Siedlungen zu akzeptieren und Maßnahmen zu ergreifen, um den Lebensstandard zu verbessern, beharrt die israelische Regierung auf die sieben von der Regierung geplanten Townships als einzige Alternative für die Beduinen.

4. Diese „Integrationspolitik“ verletzt die Menschenrechte der Beduinen aus drei Gründen:

Zunächst einmal sind die bereits vorhandenen, von der Regierung geplanten Townships nicht in der Lage eine weitere Ansiedlung von Beduinen aus den „nicht anerkannten“ Dörfern aufzunehmen, da der Mangel an Wohnraum und Infrastruktur dies nicht erlaubt. Zweitens wird das Leben in den von der Regierung geplanten Townships nicht der traditionellen beduinischen Lebensart gerecht. Drittens bedeutet diese Zwangsumsiedlung das Aufgeben von traditionellem Familieneigentum, sowie eine kulturelle Entwurzelung. Obwohl die israelische Regierung erkennt, dass es unmöglich ist die gesamte beduinische Bevölkerung in denen von der Regierung geplanten Townships unterzubringen, bietet sie keine Alternativlösungen an. Jüdische Siedler anzusiedeln scheint das prädominante Ziel zu sein. Aus diesem Grund unterstützt die Gesellschaft für bedrohte Völker Forderungen an die israelische Regierung, die Zerstörung der Beduinensiedlungen zu beenden und den Beduinen Eigentumsrechte und grundlegende Menschenrechte zu gewähren. Die Beduinensiedlungen sollten legitimiert und ihre Infrastruktur verbessert werden.

Die Ehen nicht-jüdischer Bürger

5. Am 11. Januar 2012 sind diese Verbindungen durch das oberste israelische Gericht mit Hinblick auf eine Notverordnung von 2002, welche 2003 in ein Gesetz umgewandelt wurde, geregelt worden. Das Gesetz verbietet den Zuzug (und folglich das Erlangen einer Aufenthaltsgenehmigung) von Ehepartnern aus den palästinensischen Gebieten zu ihren israelischen Partnern. In den Jahren 2002/2003 wurde der Gesetzesentwurf mit der Eindämmung der terroristischen Bedrohung gerechtfertigt. Terroristen hatten versucht durch Heirat nach Israel zu kommen, um dort Anschläge zu verüben.

6. Von den insgesamt 11 Richtern waren 6 für die Aufrechterhaltung des Gesetzes, welches seit 2003 mehrmals durch das israelische Parlament, die Knesset, erweitert worden ist. Das Gesetz verbietet es Männern bis zum Alter von 35 Jahre und Frauen bis zum Alter von 25 Jahren mit ihren in Israel lebenden Ehepartnern zusammen zu leben. Weiterhin verhindert es, dass Menschen aus dem Westjordanland, dem Gazastreifen und Bürger aus Syrien, dem Libanon, Irak und Iran eine Aufenthaltsgenehmigung für den Staat Israel erhalten können. Sowohl unbefristete wie auch zeitlich begrenze Aufenthalte sind nicht erlaubt. Dies betrifft tausende von Paare, die getrennt voneinander in Israel, der Westbank und dem Gazastreifen leben. Das Gesetz führt dazu, dass sich viele arabische Israelis als Bürger zweiter Klasse fühlen. Es sollte aufgehoben werden.

Die Besetzung der Westbank

7. Seit 2009 hat sich die Anzahl jüdischer Siedler im besetzten Westjordanland um 50,000 Menschen erhöht. Israels Siedlungspolitik in der besetzten Westbank trägt nach wie vor dazu bei, die Chancen für eine dauerhafte Zweistaatenlösung immer weiter zu verringern. Die israelische Regierung sollte damit aufhören neue Siedlungsgebiete in der Westbank zu genehmigen, die mittlerweile über 342,000 jüdischen Siedler von der Westbank nach Israel zurückführen und, zusammen mit der Palästinenserbehörde, einen überlebensfähigen palästinensischen Staat entlang der Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 etablieren.

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