01.06.2005

Indiens Ureinwohner wehren sich gegen Narmada Staudämme

Mit immer massiveren Methoden versuchen Indiens Behörden die Kritiker der umstrittenen Staudammprojekte am Narmada Fluss in Zentralindien mundtot zu machen. So wurde jüngst in einem Memorandum ein Verbot der Bewegung "Rettet die Narmada" gefordert. Der bekannten indischen Schriftstellerin und Narmada-Kritikerin Arundhati Roy wurde wegen Teilnahme an einer unerlaubten Demonstration der Prozess gemacht, und ausländische Unterstützer der friedlichen Protestbewegung werden des Landes verwiesen. Doch die zunehmende Repression wird die Proteste nicht stoppen können, denn kaum ein Thema weckt unter Indiens Adivasi - Urbevölkerung und Umweltschützern so viele Emotionen.

Gigantisch sind die Pläne der indischen Regierung: Am Narmada Fluss sollen 30 große, 135 mittelgroße und 3.000 kleine Staudämme gebaut werden, um Energie zu gewinnen und Felder zu bewässern. Sechs größere Dämme wurden trotz der Proteste der Bevölkerung schon fertiggestellt. Seit 1985 leistet die Bewegung "Rettet die Narmada" Widerstand gegen das Megaprojekt. Mit Fastenaktionen, Sitzblockaden, Petitionen, Gerichtsverfahren und zahllosen öffentlichen Protesten engagiert sich die Bewegung mit Erfolg gegen das Megaprojekt. So zogen sich ausländische Unternehmen aufgrund der Proteste, mangelhafter Umweltschutzbestimmungen und finanzieller Verluste als Investoren zurück. Exportkredite westlicher Staaten wurden verweigert. Doch die Vertreibung von mehr als 100.000 Adivasi konnte die Protestbewegung nicht verhindern.

In Indien gibt es bereits mehr als 4.000 große Staudämme. Mindestens 30 Millionen Menschen wurden für ihren Bau in den letzten 50 Jahren umgesiedelt, 40 % der Zwangsumgesiedelten waren Adivasi (Ureinwohner). Weniger als die Hälfte aller Vertriebenen bekam für die Wiederansiedlung Hilfe vom indischen Staat. Die von Experten in aller Welt geforderte Beteiligung der betroffenen Bevölkerung an der Planung von Großprojekten ist in Indien noch immer ein Fremdwort. Den Betroffenen wird sogar jede Information über die nächsten Bauabschnitte bewusst vorenthalten.

Besonders umstritten sind der Sardar Sarovar– und der Maheswar Staudamm. 245 Dörfer und 37.700 Hektar Land werden für den Sardar Sarovar Staudamm geflutet. 200.000 Menschen - unter ihnen 110.000 Ureinwohner – werden vertrieben, weil ihre Heimat in dem 214 Kilometer langen Stausee verschwinden soll. Mit den Bauarbeiten wurde schon 1987 begonnen. 1995 stoppte der Oberste Gerichtshof vorübergehend das Projekt, doch seit dem 18. Oktober 2000 darf wieder gebaut werden.

Der kleinere Maheshwar Staudamm ist der erste von privaten Investoren auf eigene Rechnung errichtete Staudamm in Indien. 5.700 Hektar Land und 61 Dörfer soll der Stausee überfluten. Mit dem Bau des Dammes wurde 1996 begonnen. 40.000 Kleinbauern und Fischer sollen umgesiedelt werden. Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen seien zu befürchten, hieß es kritisch in einem im Juni 2000 veröffentlichten Gutachten des deutschen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Siemens und die Hypo Vereinsbank zogen daraufhin ihren Antrag auf eine Hermes – Bürgschaft im August 2000 zurück. Doch Siemens will auch weiterhin Turbinen für den umstrittenen Staudamm liefern.