10.10.2006

"Herr Präsident, Sie bringen den Tod nach Tschetschenien!"

"Demaskierende" Menschenrechtsaktion beim Petersburger Dialog in Dresden

GfbV-Aktions-Transparent

Mit einer "demaskierenden Menschenrechtsaktion" hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstag in Dresden empfangen: Sie hatte auf ein überdimensionales Transparent ein Porträt Putins zeichnen lassen, hinter dessen harmlos lächelndem Gesicht die böse Fratze von Terror und Gewalt hervorlugt. Daneben stand in Riesenlettern der Vorwurf: "Herr Präsident, Sie bringen den Tod nach Tschetschenien!" Unterstützt wurde die GfbV-Aktion von den Dresdener Gruppen von Pax Christi, dem Ökumenischen Informationszentrum, dem Ausländerbeirat und Bündnis 90/Die Grünen.

 

"Während der ehemalige Dresdner KGB-Offizier Putin an seiner früheren Wirkungsstätte als smarter Vertreter der russischen Wirtschaft auftritt, werden in Tschetschenien täglich Menschen entführt, gefoltert und ermordet", erinnerte die GfbV an das fortgesetzte Leid der tschetschenischen Zivilbevölkerung. Putin könnte diesen Völkermord, den sein Vorgänger Jelzin begann und dem bis heute 160 000 Menschen zum Opfer fielen, beenden. Doch er protegiere den derzeitigen tschetschenischen Premierminister Ramzan Kadyrow, dessen Milizen für rund 75 Prozent der schweren Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien verantwortlich seien und nicht zur Rechenschaft gezogen würden. So seien von 1.949 seit 1999 wegen Entführung eingeleiteten Strafverfahren rund 1.697 ergebnislos eingestellt worden.

 

"Mit dem Mord an der russischen Journalistin Anna Politkowskaja am vergangenen Samstag in Moskau hat Tschetschenien eine seiner letzten Fürsprecherinnen in Russland verloren", erklärte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch. Er forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel dringend dazu auf, von Putin die Aufklärung des Mordes zu fordern. "Sonst erhärtet sich der Verdacht, dass russische Geheimdienste hier ihre Hände im Spiel hatten, um diese schärfste Regimekritikerin aus dem Weg zu räumen." Obwohl Politkowskaja seit Jahren bedroht wurde, hat sie in der "Nowaja Gazeta" immer wieder unerschrocken über schwerste Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien berichtet. Dort sollte am gestrigen Montag auch ein Bericht über Folter in der kleinen Kaukasusrepublik erscheinen.

 

Als "zutiefst beschämend" bezeichnete es die GfbV, dass der FC Schalke 04 den russischen Energielieferanten Gazprom zu seinem Hauptsponsor gemacht habe. "Von diesem Partner ist kein Fairplay zu erwarten, da geht es nur um Geld und Macht", sagte Zülch. So habe Putin den Energieriesen 2003 vorgeschickt, um kritische Medien mundtot zu machen. Gazprom kaufte kurzerhand die Fernsehstation NTV und machte sie zum Staatsfernsehen. Der russische Staat hält mehr als 50 Prozent der Anteile des weltweit größten Gaskonzerns.

 

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