12.12.2006

Gwich’in

Für die etwa 7000 Gwich’in Indianer in Alaska ist das Alaska National Wildlife Refugee (ANWR) heilig. Denn hier bringen die Kühe - der etwa 152.000 Tiere großen Porcupine Karibu Herde - ihre Kälber zur Welt, hier ziehen sie sie auf. Die Heimat der Gwich’in sind 15 Dörfer, die südlich des Bergmassivs der Brooks Range entlang des Wanderwegs der Porcupine Herde im Nordosten Alaskas und Nordwesten Kanadas liegen.

Die Gwich’in verwerten Fleisch und Fett der Tiere als Nahrung, Fell und Leder für Kleidung und Schuhe, Knochen und Sehnen für die Herstellung von Gebrauchsgegenständen. Das Karibu prägt auch ihre Weltsicht, ihre Spiritualität. Sie sind davon überzeugt, dass in jedem Karibu ein Teil vom Herzen eines Menschen schlägt und umgekehrt ein wenig Karibu in jedem Menschen ist. Alles, was die Porcupine Herde in Gefahr bringt, ist daher auch eine Bedrohung der Gwich’in.

Für die US-Regierung von George W. Bush ist das ANWR zum Gegenstand eines erbitterten Tauziehens geworden, denn während die meisten Angehörigen der Demokratischen Partei, Umweltschützer und natürlich die Gwich’in es unbedingt als Schutzgebiet erhalten wollen, ist für die Regierung und die Mehrheit der Republikanischen Partei die Öffnung des ANWR für die Ölindustrie eine Frage des nationalen Interesses. Präsident Bush will das Öl aus dem ANWR und anderen heimischen Quellen nutzen, um die USA von Ölimporten aus dem Nahen Osten oder aus Venezuela unabhängiger zu machen und den Benzinpreis zu senken. Doch dafür ist das Ölvorkommen im ANWR viel zu klein. Da es außerdem noch mindestens 10 Jahre dauern würde, bis der erste Tropfen Öl an US-amerikanische Zapfsäulen gelangt, kann eine Ausbeutung des Vorkommens auch auf die derzeitige Preisgestaltung keinen Einfluss nehmen.

Wenn im so genannten "Gebiet 1002", das mitten im ANWR liegt, Öl gefördert wird, werden die Karibus ihre Wanderwege so weit nach Südosten verlagern, dass die meisten Gwich’in sie nicht mehr erreichen können.