14.03.2024

Giftgasangriff auf Halabja vor 36 Jahren (16.3.)

Irakisch-Kurdistan noch immer zwischen allen Fronten

36 Jahre nach dem Giftgasangriff auf die irakisch-kurdische Stadt Halabja am 16. März 1988 befinden sich die kurdischen Gebiete des Irak weiter in einer prekären Lage. „Damals haben sowohl die NATO-Regierungen als auch die Regierungen des Warschauer Paktes aus geopolitischen Gründen zu den Verbrechen gegen die Menschlichkeit geschwiegen“, erinnerte Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), heute in Göttingen. „Heute wird die Region wieder täglich bombardiert – mal von der Türkei, mal vom Iran – und wieder schweigen alle Seiten zu den Verbrechen.“

Die gerichtliche Aufarbeitung der Verbrechen in Halabja begann spät und erfolgte schleppend. Inzwischen wurden die Hauptverantwortlichen, darunter Saddam Hussein, dafür verurteilt. „Leider hat die Zentralregierung in Bagdad genauso wenig aus der Geschichte gelernt wie die NATO“, monierte Sido. „Es hat viele Jahre gedauert, bis Halabja wie versprochen ein eigenes Gouvernement werden konnte. Die Regierungen der NATO-Staaten lassen erneut Verbrechen gegen die kurdische Bevölkerung des Irak und auch Syriens zu, weil eine Kritik daran geopolitisch unpassend wäre.“

Am 16. und 17. März 1988 bombardierte die irakische Luftwaffe Halabja im nordöstlichen Irak mit Giftgas. Mindestens 5.000 Menschen starben innerhalb weniger Stunden, weitere 10.000 wurden verletzt. Ermöglicht wurde dieser Angriff auch durch deutsche und europäische Firmen, die am Aufbau der irakischen Giftgasproduktion beteiligt waren. Die GfbV hatte schon vor dem Massaker mehr als 40 deutschen und europäischen Firmen vorgeworfen, durch ihre Beteiligung am Bau der Giftgasanlagen im Irak für Kriegsverbrechen mitverantwortlich zu sein.

Irakisch-Kurdistan ist heute eine autonome Region des Irak. Die Region hat ein eigenes Parlament mit Sitz in Erbil und verfügt über eigene militärische Einheiten, die Peschmerga. Die Einwohnerzahl wird auf etwa acht Millionen geschätzt. Die Region ist multiethnisch und multikonfessionell. Neben Kurden leben dort Assyrer/Chaldäer/Aramäer, Armenier, Turkmenen, Sunniten, Schiiten, Yeziden, Christen und andere Gemeinschaften.