16.09.2014

GfbV und 45 bosnische Roma-Organisationen appellieren an Bundesrat

Existenziell bedrohte bosnische Roma aus Asylrechts-Verschärfung ausnehmen! Überlebenden Völkermordopfern darf Asyl nicht pauschal verweigert werden!

© Peretz Partensky/Wikimedia

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und 45 Roma-Organisationen aus Bosnien und Herzegowina haben am Dienstag an die Mitglieder des Bundesrates appelliert, die bosnischen Roma aus der geplanten Asylrechts-Verschärfung auszunehmen. „Diesen überlebenden Opfern des Völkermordes in Bosnien 1992-1995 darf nicht pauschal verweigert werden, in Deutschland Zuflucht zu suchen, denn sie werden in Bosnien und Herzegowina extrem diskriminiert. Viele Roma-Familien müssen hungern und sind existenziell bedroht“, heißt es in dem Appell. „Festzuschreiben, dass Bosnien ein sicheres Herkunftsland für Roma sei, entlässt auch die bosnischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie Behörden aus der Verantwortung für das Wohlergehen dieser Menschen. Das ist ein falsches Signal!“

Die bosnischen Roma waren während des Krieges in Bosnien-Herzegowina (1992 – 1995) unter den ersten Opfern der serbischen Aggression. Ihre Siedlungen an den Stadträndern wurden vollkommen zerstört. Mehr als 70 Prozent der Roma wurden vertrieben. Diejenigen, die blieben, wurden zu Opfern von Massenexekutionen, Massenvergewaltigungen und Deportationen. Das Abkommen von Dayton beendete 1995 zwar den Krieg, zementierte jedoch die Ergebnisse des Genozids und erkannte die serbisch besetzte Republika Srpska an.

Im durch „ethnische Säuberungen“ und schwere Völkermordverbrechen geteilten Bosnien und Herzegowina sind die heute etwa 80 000 Roma gesetzlich nicht als Minderheit anerkannt und werden wie andere kleinere Minderheiten auch verfassungsrechtlich diskriminiert. Laut aktuellem Wahlgesetz darf weder ein Roma noch ein Jude bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren oder in die Volkskammer entsandt werden, obwohl diese Regelung gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Trotz der Verlautbarungen der bosnischen Regierung und der von der EU und der Weltbank geförderten Roma-Dekade zur Verbesserung der Lage dieser Minderheit(2005-2015) bestehen entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung nur auf dem Papier.

„Als bosnische Roma-Organisationen unterstützen wir keineswegs die Auswanderung der Angehörigen unserer Volksgruppe, schrieben die Organisationen an die Bundesratsmitglieder. „Gemeinsam mit der GfbV appellieren wir jedoch ausdrücklich an die Institutionen der deutschen Bundesregierung, eingedenk der Verfolgung und Vernichtung von Sinti und Roma unter dem NS-Regime Schutzsuchenden heute ein faires Verfahren in Deutschland zu ermöglichen und jeden Einzelfall gründlich zu überprüfen, bevor die Menschen sehenden Auges ins Elend und Unsicherheit geschickt werden.“


Für Nachfragen erreichbar: GfbV-Generalsekretär, Tilman Zülch, (0551 49906 24, politik@gfbv.de) und Bajro Beganovic in Sarajevo für die 45 bosnischen Roma-Organisationen (Tel. 00387 33 213 707).


Unterzeichnerinnen und –unterzeichner

  • Union Roma - BiH, Lukavac bei Tuzla
  • Verein "Bessere Zukunft" – Sarajevo
  • Verein "Kali Sara" - Roma-Informationszentrum – Sarajevo
  • Verein "Bosnische Roma" – Sarajevo
  • Verein "Sei mein Freund" – Sarajevo
  • Ralf Fücks, Heinrich Böll Stiftung
  • Zentrum zur Unterstützung, Information und Zusammenwirken – Kakanj
  • EUR "Romalen" – Kakanj
  • "Jugendverein der Roma - ROMAS" – Sarajevo
  • "Verein der Roma-Frauen" - Zavidovici
  • Verein "Bahtale Roma" - Zavidovici
  • Verein "Unabhängige Romaorganisation" – Kakanj
  • Verein "Jugendinitiative der Roma" – Kakanj
  • Verein "Jugendinitiative der Roma - Sei mein Freund" – Visoko
  • Verein "Weg der Roma" – Vitez
  • Verein "Roma und Freunde" – Ilijaš
  • Verein "Bahtale Roma" – Turbe
  • Verein "Willkommen Roma" – Kakanj
  • Verein "Prosperität der Roma" – Sarajevo
  • Verein "Romano Centro" – Zenica
  • Zentrum zur Unterstützung, Information und Zusammenarbeit in Tuzla
  • Verein "Sa e Roma" – Tuzla
  • “Verein der Roma-Rückkehrer" – Tuzla
  • "Verein der Roma aus Gracanica" – Gracanica
  • "Verein der Roma-Frauen - Bessere Zukunft" – Tuzla
  • Verein "Bahtalo ilo" - Banovici
  • Verein "Europäischer Weg der Roma" – Tuzla
  • Verein "Glückliche Roma" – Tuzla
  • Verein "Rom" – Živinice
  • Verein "Romi" – Kalesija
  • Verein "Dželem-Dželem" – Tuzla
  • Verein "Neue Roma-Hoffnung" – Lukavac
  • Verein "Roma-Traum" – Tuzla
  • Verein "Euro Rom" – Tuzla
  • Verein "Poljice" - Poljice (Lukavac)
  • Verein "Roma-Brüder" - Skocic, Tuzla
  • "Verband der Roma Republike Srpske" – Gradiška
  • "Verein der Roma von Gradiška" – Gradiška
  • "Verein der Roma der Gemeinde Prnjavor" – Prnjavor
  • "Verein der Roma von Republika Srpska" – Bijeljina
  • Verein "Roma von Modrica" - Modrica
  • Verein "Roma-Traum" - Brcko
  • Verein "Veseli Brijeg" - Banja Luka
  • Verein "Veseli Romi" – Prijedor
  • Verein "Neretva" – Mostar
  • Verein "Rom" – Bihac

Header Foto: Peretz Partensky/Wikimedia