23.12.2009

GfbV begrüßt den ersten Schritt zur Abschaffung des in Dayton etablierten Apartheidsystems in Bosnien-Herzegowina durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof


Dank der Repräsentanten der jüdischen- und der Roma Minderheit, Jakob Finci und Dervo Sejdic, hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg eine Änderung des Wahlrechts Bosnien-Herzegowinas angeordnet. Damit ist ein erster Schritt zur Abschaffung des 1995 in Dayton etablierten Apartheidsystems in Bosnien-Herzegowina erfolgt.

 

Statt nach Genozid und Massenvertreibung die Rückkehr von über zwei Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen in allen Teilen des Landes durchzusetzen, haben die Vereinigten Staaten und die Europäische Gemeinschaft bewusst die Teilung Bosniens durch Schaffung zweier quasi souveräner Staaten zementiert. Gleichzeitig wurden die kleineren ethnischen Minderheiten der Roma, Juden und anderer daran gehindert, für das Bundesparlament oder das Staatspräsidium zu kandidieren. Zudem dürfen die wenigen nichtserbischen Rückkehrer in der "Republika Srpska" ebenso wenig eigene Kandidaten für das Bundesparlament wählen wie die serbische Bevölkerung des zweiten Teilstaates, der "Bosnisch-Kroatischen Föderation". Insofern sind die ständigen Schuldzuweisungen an die Adresse Bosniens angesichts der von außen aufgezwungenen Teilung und ethnischen Apartheid nicht überzeugend.

 

Die Gesellschaft für bedrohte Völker International fordert deshalb die konsequente Abschaffung des bosnischen Apartheidsystems:

 

- Angehörige aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften müssen das Recht haben, für Bundesparlament und Staatspräsidium zu kandidieren.

 

- Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten müssen die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen auch gegen den Willen der beiden Teilstaaten durchsetzen und die Freizügigkeit und

Gleichberechtigung für alle Bürger in allen Teilen des Landes garantieren.

 

- Die faktische Zweiteilung Bosnien-Herzegowinas muss durch eine echte föderative Ordnung ersetzt werden.

 

Für die Gesellschaft für bedrohte Völker International, Tilman Zülch, Präsident.

 

Anmerkung: Die Gesellschaft für bedrohte Völker ist in Bosnien-

Herzegowina mit einer eigenen Sektion und zwei Büros in der Hauptstadt

Sarajevo und in Srebrenica vertreten. Ihrem Vorstand und Beirat gehören

Vertreter aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften und Minderheiten

und der Opferverbände an.

 

Für Nachfragen ist Tilman Zülch erreichbar unter politik@gfbv.de