01.07.2009

Gewalteskalation in West Papua

Im Vorfeld der Präsidentenwahl in Indonesien am 8. Juli 2009 kam es zu exzessiven Gewaltanwendungen des indonesischen Militärs und der Polizei gegenüber der indigenen Bevölkerung in West Papua. Im entlegenen - von der internationalen Öffentlichkeit völlig abgeschotteten - Hochland hatten Einheiten der berüchtigten mobilen Polizeibrigade Brimob mehrere indigene Bewohner getötet, Dörfer angezündet und Mädchen vergewaltigt. Hunderte von Papua sind in die umliegenden Wälder geflohen. Die indonesische Regierung hatte bereits Anfang Juni weitere zusätzliche Brimob-Einheiten in die Region entsandt, nachdem schon vor den Parlamentswahlen im April 2009 die Truppenkolonnen verstärkt wurden.

 

Anfang April 2009 war es im Vorfeld der Parlamentswahlen in der Provinz Papua zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen der indigenen Bevölkerung und indonesischen Sicherheitskräften gekommen. In Jayapura stürmten bewaffnete Polizisten das Büro des traditionellen Papua-Rats, verhafteten 15 Aktivisten und steckten das Büro in Brand. In ganz West Papua hatten daraufhin Zehntausende Demonstranten in verschiedenen Städten die Unabhängigkeit von Indonesien gefordert und zum Wahlboykott aufgerufen. In Nabire und Jayapura eröffneten Sicherheitskräfte das Feuer. Mehrere Menschen wurden schwer verletzt, darunter ein Jugendlicher. Es kam zu weiteren Verhaftungen von Demonstranten. Allein im April sind in der Provinz Papua 13 Menschen ums Leben gekommen.

 

Seit 2008 verstärkt Jakarta seine Truppen in der Provinz Papua. Mit Entführungen, "zufälligen" oder nicht aufgeklärten Todesfällen, willkürlichen Verhaftungen, Erschießungen, Folter und Vergewaltigungen wird die Papua-Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzt. Hunderte von politischen Aktivisten wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt, weil sie ihre Flagge gehisst oder die Unabhängigkeit gefordert hatten. Menschenrechtsorganisationen berichten, dass In den Gefängnissen in Jakarta und West Papua Misshandlungen, Schläge und Folter durch Gefängniswärter ausufern.

 

Seit den 1960er Jahren kämpfen die Papua für die Unabhängigkeit. Der Anschluss an Indonesien wurde 1969 mit Gewalt erzwungen. Gegen den bis heute noch teilweise mit Pfeilen und Speeren ausgerüsteten Widerstand geht die Zentralregierung mit modernen hochtechnisierten Waffen vor. Allein bei militärischen Operationen in den 1970er und 1980er Jahren wurden vor allem im Hochland über 150.000 Papua getötet. Tausende wurden gefoltert. Zehntausende Menschen flohen in die Wälder und in das Nachbarland Papua-Neuguinea, wo sie teilweise noch heute in Flüchtlingslagern leben. Seit 2003 dürfen offiziell keine ausländischen Journalisten mehr nach West Papua einreisen.

 

Durch eine gezielte Um- und Neuansiedlungspolitik der Regierung ab 1969 wurde die indigene Papua-Bevölkerung, die in etwa 250 unterschiedlichen traditionellen Gemeinschaften mit eigenen Sprachen leben, zur Minderheit im eigenen Land gemacht. Sie stellen heute nur noch rund die Hälfte der etwa 2,93 Millionen Einwohner der Provinz. In West Papua befindet sich nicht nur der letzte intakte tropische Regenwald Asiens. Dort gibt es auch riesige Rohstoffvorkommen wie Kupfer, Gold, Silber, Nickel, Bauxit, Erdöl und Erdgas. Durch den massiven Abbau der Ressourcen durch multinationale Konzerne werden in dieser Region Umweltzerstörungen in unvorstellbarem Ausmaß verursacht.

 

Brigitta Scholz ist erreichbar unter Tel. 030 – 42 80 48 91 oder mobil unter 0163 - 482 41 97.