23.11.2007

Gewalt gegen Maya-Frauen in Guatemala

Seit dem Jahr 2000 stieg die Gewalt an Frauen in Guatemala dramatisch an – insgesamt wurden bis heute mindestens 3.200 Frauen brutal ermordet. Umgerechnet wird jeden Tag mehr als eine Frau getötet. Betroffen sind in erster Linie indigene Maya-Frauen, deren Leichen häufig im Müll am Straßenrand oder auf Deponien gefunden werden. Viele der Opfer werden vor ihrer Ermordung entführt, vergewaltigt, gefoltert und verstümmelt.

Der guatemaltekische Staat geht den teils mit sexualisierter Gewalt gekoppelten, teils politischen Morden nicht nach. Statt der Täter werden die Opfer verdammt, und es ist von "Verbrechen aus Leidenschaft" die Rede. Für sexualisierte Gewalt existiert noch nicht einmal eine juristische Kategorisierung.

 

Diskriminierung und Gewalt gegen indigene Frauen setzen sich fort

Vergewaltigung und Ermordung von Frauen war ein bedeutendes Genozidverbrechen im Bürgerkrieg in Guatemala. Heute, 10 Jahre nach der offiziellen Beendigung des Krieges, sind indigene Frauen der Gewalt von durch den Krieg brutalisierten Männern weiterhin schutzlos ausgeliefert.

Die Maya- Frauen stellen 51% der guatemaltekischen Bevölkerung. Sie sind extrem marginalisiert. So sind z.B. unter den Chuj 87,9% Analphabetinnen. Die meisten Frauen sprechen ausschließlich Mayasprachen und kein Spanisch. Zwar hat sich Guatemala in den Friedensabkommen von 1996 als plurikulturelles, multiethnisches und mehrsprachiges Land definiert, eine entsprechende Umstrukturierung jedoch kaum vollzogen, was sich in der bis heute andauernden massiven Diskriminierung und dem gesellschaftlichen Ausschluss der indigenen Frauen widerspiegelt. Das Land ist weit entfernt von der politischen und gesellschaftlichen Partizipation der indigenen Frauen und der Achtung ihrer Menschenrechte und ihrer Würde.

 

Schrecken der Vergangenheit – der Genozid in Guatemala

Während des Bürgerkrieges von 1960 bis 1996 wurden mehr als 400 Maya-Dörfer systematisch zerstört. Die Massaker wurden meist von paramilitärischen Gruppen verübt. 150.000 Menschen wurden nachweislich ermordet, 50.000 Menschen gelten als verschwunden. 96% der Opfer waren Angehörige von Maya-Völkern. Sie wurden systematisch verfolgt und ermordet. Unter dem Diktator Efrain Rios Montt 1982/83 fielen 100.000 Maya den Massakern und schweren Menschenrechtsverletzungen zum Opfer. Hunderte von Dörfern wurden mit seiner Politik der verbrannten Erde zerstört, über eine Million Menschen vertrieben.

 

Aufarbeitung der Vergangenheit in einem Klima der Angst?

Der Genozid konnte bis heute kaum aufgearbeitet werden. Seit das Friedensabkommen 1996 unterzeichnet wurde, fordern Menschenrechtsorganisationen und Menschenrechtsverteidiger, dass diejenigen, die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, vor Gericht gestellt werden. In einem Klima fortgesetzter Gewalt und fehlender Sicherheit und Justiz konnte jedoch noch keine demokratische Gesellschaft aufgebaut werden. Exhumierungen von Massengräbern werden unter Gefahr für das Leben der beteiligten Gerichtsmediziner und Menschenrechtler vorgenommen. Diese erhalten Todesdrohungen, während sich die Täter auf Straflosigkeit verlassen können. Viele Staatsanwälte und Zeugen vor Gericht, Rechtsanwälte und Menschenrechtler bezahlten für ihre Aufklärungsbemühungen und ihre Aussagen mit dem Leben. Auch jene mutigen Frauen, die sich im Rahmen von Frauenorganisationen für die Aufarbeitung der Vergangenheit und eine Bestrafung der Täter von gestern und heute einsetzen, sind äußerst bedroht. Hinsichtlich des Massakers in Rabinal (1982), das vor dem Interamerikanischen Menschenrechtshof verhandelt wurde, hat der guatemaltekische Staat seine Verantwortung für Genozidverbrechen, sexualisierte Gewalt und Mord an der Bevölkerung jedoch eingestanden.

Bitte unterstützen Sie die Maya-Frauen, indem Sie sich mit uns dafür einsetzen, dass Gewalt und Straflosigkeit in Guatemala endlich ein Ende finden!

Unterzeichnen Sie unseren Online-Appell an den neu gewählten Präsidenten Álvaro Colom Caballeros (Kopien des Appells gehen an die UN-Sonderberichterstatterin zu Gewalt gegen Frauen Yakin Ertürk und an die UN-Abteilung für Frauenförderung).

 

Bitte unterstützen Sie unsere Menschenrechtsarbeit für bedrohte Völker mit einer Spende. Auch kleine Beträge helfen. Vielen Dank! Online spenden |>