28.04.2005

Gewalt auf den Molukken stoppen!

Vor genau einem Jahr, am 19. Januar 1999 begannen die schweren Auseinandersetzungen auf den Molukken. Während über die genaue Zahl der Opfer noch Unklarheit herrscht (Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass zwischen 2.000 und 4.000 Menschen getötet wurden), steht außer Frage, dass zehntausende Menschen bei den Kämpfen verletzt wurden oder aus ihren Häusern fliehen mussten. Das öffentliche Leben ist nachhaltig gestört, nachdem nicht nur zahllose Gebäude, sondern auch Infrastruktureinrichtungen und Tausende Privathäuser niedergebrannt oder geplündert worden sind. Dutzende Kirchen oder Moscheen wurden mutwillig zerstört.

Sowohl in den indonesischen Medien als auch in der internationalen Presse werden die Auseinandersetzungen vereinfacht als Glaubenskrieg zwischen Christen und Muslimen dargestellt. Auch viele Angehörige der streitenden Konfliktparteien begreifen die Kämpfe als religiösen Konflikt. So werden die Christen von Muslimen der Missionierung verdächtigt und als vermeintliche Separatisten bezeichnet, die die Südmolukkische Exilregierung (RMS) unterstützen würden. Die Christen fürchten wiederum, durch eine Islamisierung der Molukker noch weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden. Die Religion wird somit von beiden Konfliktparteien zum zentralen Streitpunkt erklärt.

Sicherlich hat die Religion eine gewisse Bedeutung in der Auseinandersetzung, sie ist aber weder die Ursache des Ausbruchs der Kämpfe gewesen, noch ist sie dafür verantwortlich, dass die Unruhen bis heute andauern. Denn auf den Molukken wird Religion instrumentalisiert und politisiert, um die ständigen Ausschreitungen zu rechtfertigen. Inzwischen ist die molukkische Gesellschaft angesichts der zahllosen Opfer und vielen Zerwürfnisse nicht mehr dazu in der Lage, sich ohne Hilfe von außen zu versöhnen und den Wiederaufbau zu beginnen. Die indonesische Regierung erwies sich als unfähig, die Eskalation zu verhindern. Stattdessen haben die Militärs mit der Verteilung von Waffen und Munition an Konfliktparteien sowie mit verschiedensten Provokationen zu einer Verlängerung der Auseinandersetzungen beigetragen.

Trotz der Ankündigung der indonesischen Regierung, mit aller Härte die Wahrung von Recht und Ordnung durchzusetzen, halten die Kämpfe weiter an. Das indonesische Militär wird von den Konfliktparteien nicht als neutrale Kraft angesehen. Eine weitere Eskalation der Gewalt ist jederzeit möglich. Die Molukker befürchten eine nachhaltige Zerstörung ihrer Gesellschaft, wenn die internationale Staatengemeinschaft nicht endlich ihren Druck auf die indonesische Regierung erhöht, um eine Beilegung des Konflikts durchzusetzen.

Wir Molukker fordern daher die Entsendung von Menschenrechtsbeobachtern der Vereinten Nationen, des Europaparlaments und anderer nationaler Parlamente in der Europäischen Union. Nur internationale Beobachter könnten durch ihre Recherchen von Menschenrechtsverletzungen dazu beitragen, dass es nicht ständig aufgrund bloßer Gerüchte über Menschenrechtsverletzungen zu neuen Auseinandersetzungen kommt. Die ab 20. März in Genf tagende UN-Menschenrechtskommission soll die indonesische Regierung nachdrücklich auffordern, endlich den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen, die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen, die humanitäre Versorgung der Flüchtlinge zu garantieren und die Versöhnung und den Wiederaufbau stärker zu fördern.

Bislang fehlt es den Flüchtlingen an dringend benötigter Kleidung, Medikamenten, Nahrungsmitteln und Behelfsbehausungen. Die Europäische Union sollte ihren großen Einfluss auf die indonesische Politik nutzen, um in ähnlicher Weise tätig zu werden. Auch sollte sie die Gelder für den Wiederaufbau und die Aussöhnung erhöhen. Denn eine weitere Eskalation der Konflikte hätte katastrophale Folgen für den gesamten südostasiatischen Raum.

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Im Namen des "Indonesischen Rates der Kirchen (PGI)", der "Allianz für die Versöhnung und den Frieden auf den Molukken" und der "christlichen und muslimischen Gemeinschaft der Molukker in Ambon und Jakarta" kam Reverend Alexander Pattianakotta im Februar 2000 nach Europa. Auf Einladung der "Gesellschaft für bedrohte Völker" (GfbV) traf er wenige Tage vor dem Deutschland-Besuch des Indonesischen Staatspräsidenten Wahid mit Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages und mit dem damaligen Beauftragten für Menschenrechte und humanitäre Hilfe des Auswärtigen Amtes, Gerd Poppe, zusammen, um sie über die Hintergründe der Unruhen zu informieren.