19.04.2005

Gesellschaft für bedrohte Völker warnt: EU-Waffenembargo gegen China nicht aufheben!

EU-Gipfel in Brüssel (25./26.März)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat zu Beginn des EU-Gipfels in Brüssel am Donnerstag dringend vor der geplanten Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China gewarnt. "Es ist beschämend, dass Rüstungsexporte und der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen für die EU Vorrang vor Menschenrechten haben", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Sowohl in Quantität als auch in "Qualität" seien die in China begangenen Menschenrechtsverletzungen so außerordentlich, dass eine Aufhebung des Embargos nicht mit einer Verbesserung der Menschenrechtslage begründet werden könne. "Kein Land lässt mehr Menschen nach Todesurteilen hinrichten, kein Staat hält mehr Bürger ohne faire Gerichtsverhandlungen in Arbeits- und Umerziehungslagern fest. Kein Land inhaftiert mehr Journalisten, kein Staat der Welt schließt mehr Menschen von der freien Nutzung des Internets aus", zieht die GfbV in einem als Vorabdruck am Donnerstag veröffentlichten 28seitigen Menschenrechtsreport zur Situation in China Bilanz, in dem auch über die katastrophale Situation in Tibet und in Xinjiang/Ostturkistan sowie die andauernde Verfolgung von protestantischen und katholischen Christen und von Anhängern der Falun Gong-Bewegung berichtet wird. Frankreichs Staatspräsident hatte in den letzten Wochen betont, dass er vom EU-Gipfel eine Aufhebung des Waffenembargos erwartet.

 

"Da die EU-Außenminister massive Kritik der Öffentlichkeit an Rüstungsexporten nach China befürchten, spielen sie die Bedeutung der Aufhebung des Waffenembargos mit dem Hinweis auf den EU-Verhaltenskodex für Waffenexporte von 1998 herunter", sagte Delius, der in dem Menschenrechtsreport die bisherige Rüstungsexportpraxis der EU analysiert. Der Kodex soll umfassenden Waffenlieferungen nach China angeblich einen Riegel vorschieben. Doch die dort genannten acht Kriterien zur Genehmigung von Rüstungsexporten seien bereits in vielen Fällen verletzt worden. Allein im Jahr 2002 hätten vor allem Frankreich und Großbritannien, aber auch Spanien, Deutschland, Belgien und Italien Rüstungslieferungen in akute Krisengebiete (Indien/Pakistan, Indonesien, Nepal, Kolumbien, Saudi-Arabien, Angola) oder in Staaten, die Menschenrechte massiv verletzten (Russland, Türkei, Iran, Algerien, Usbekistan), genehmigt. Auch exportierten Frankreich und Großbritannien schon heute Waffen an China, da sie den Embargo-Beschluss großzügig interpretierten. China habe bereits großes Interesse an französischen High-Tech-Waffen signalisiert.

 

Umfassend wird in dem Report die in den 90er Jahren begonnene Hochrüstung der chinesischen Streitkräfte dokumentiert. China sei zur Zeit der bedeutendste Waffenimporteur der Welt. Nur die USA würden noch mehr Geld für ihren Verteidigungshaushalt ausgeben. Eine weitere Aufrüstung würde die Sicherheit nicht nur Taiwans, sondern der gesamten Region gefährden.