24.08.2010

Gerechtigkeit durchsetzen - zur Versöhnung beitragen

Bosnien hofft auf unsere Hilfe!

Es ist so furchtbar, was unsere langjährige Leiterin des GfbVBüros Srebrenica, Hatidza Mehmedovic, in diesem Sommer erleiden musste. Sie erhielt die Nachricht, dass nicht nur ihr Mann Abdulah und ihr jüngerer Sohn Almir, sondern auch ihr Sohn Azmir ermordet wurde. Und sie musste ihre drei "Männer" zu Grabe tragen. Sie waren unter den 775 Opfern von Srebrenica, die am 11. Juli 2010 auf dem Friedhof in Potocari bei Srebrenica beigesetzt wurden. Welches ihrer beiden Kinder zuletzt aus einem Massengrab geborgen wurde, hat Hatidza erst an einem winzigen Fetzen der grünen Hose, die Azmir beim Einmarsch der serbischen Truppen in Srebrenica trug, erkannt. Die blaue Hose hatte Almir an, als er am 11. Juli 1995 mit seinem Vater und seinem Bruder vor seinen Mördern zu fliehen versuchte. Die beiden Jungen von Hatidza waren damals noch Teenager.

In den Särgen von Azmir und Abdulah lagen nur einige wenige Gebeine. Sie waren in zwei sekundären Massengräbern gefunden worden. Um Spuren zu verwischen, hatten die Täter die ursprünglichen Gräber mit Bulldozern wieder aufgewühlt und die Leichen der Ermordeten – auseinander gerissen, durcheinander gewirbelt – an anderen Stellen wieder verscharrt.

Wie eiskalt die Todeskommandos des bis heute gesuchten serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic damals vorgingen, beweist ein Video, auf dem die Hinrichtung einiger junger Bosnier zu sehen ist und das vor einiger Zeit durch die Medien ging. Fast alle Täter von damals sind noch auf freiem Fuß. Das ängstigt jeden Srebrenica-Rückkehrer. Wer könnte schon den Gedanken ertragen, plötzlich dem Mörder seines Kindes, Vaters, Mannes oder Bruders gegenüberzustehen?

 

Die GfbV in Srebrenica

Im November 2002 hat die GfbV ein Büro in Srebrenica eröffnet. Es wird geleitet von Hatidza Mehmedovic. Sie ist für alle zurückkehrenden Srebrenica-Mütter da, verteilt Hilfe zur Selbsthilfe wie Saatgut, Milchkühe, bescheidene Ackergeräte oder sogar Lebensmittelpakete für besonders Bedürftige. Sehr wichtig auf dem Weg zur Versöhnung sind ihr jedoch die Aufarbeitung der Vergangenheit und die Bestrafung der Täter. Deshalb dokumentiert sie in enger Zusammenarbeit mit unserem GfbV-Büro Sarajevo die Leidensgeschichten der Srebrenica-Familien, organisiert runde Tische, Seminare und Konferenzen zumThema "Suche nach Vermissten". Gerechtigkeit ist für sie auch, sichtbar an die Opfer zu erinnern – etwa mit Gedenktafeln an Tatorten. Sie informiert die internationale Presse über den Schrecken von Srebrenica, trägt Politikern die Forderungen der "Srebrenica-Mütter" vor und scheut keine Anstrengung, derWeltöffentlichkeit zum Beispiel auf Mahnwachen vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag dieWahrheit über die Verbrechen in Srebrenica ins Gedächtnis zu rufen.

Das tut die GfbV

Die GfbV hat die eingeschlossenen Bosnier während des Genozids sowie Flüchtlinge und Vertriebene nach Kräften politisch, publizistisch, dokumentarisch, organisatorisch und humanitär unterstützt. Nach Kriegsende gründete die Bosnienbeauftragte im Göttinger GfbV-Büro, Fadila Memisevic, in Sarajevo die GfbV-Sektion Bosnien-Herzegowina (BiH). In ihrem Vorstand sind der Serbische Bürgerrat, die Jüdische Gemeinde, der Kroatische Volksrat, die Roma-Union und der Rat der bosnischen Intellektuellen genauso selbstverständlich vertreten wie der Verband der ehemaligen weiblichen Häftlinge der Vergewaltigungslager, der Verband der Vertriebenen, die Mütter von Srebrenica sowie das Institut zur Erfassung von Kriegsverbrechen.

 

Einige Schwerpunkte unserer Menschenrechtsarbeit in Bosnien:

  • Die GfbV setzte den Zivilopferstatus für Frauen durch, die in Vergawaltigungslager gesperrt waren. Nun erhalten sie eine bescheidene Rente.

  • Auf GfbV-Initiative entstand die gesamtbosnische Frauenunion FOKUS.

    Sie hat bereits 25 Mitgliedsorganisationen. Frauen aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften bringen so die Versöhnung voran.

  • Die GfbV sammelt Zeugenaussagen und erarbeitet Dokumentationen

    für das Kriegsverbrechertribunal. Schon 1993 hatten Fadila Memisevic

    und GfbV-Bundesvorsitzender Tilman Zülch den Vereinten Nationen in

    New York Listen mit 25.000 Namen von Opfern und über 1.300 Tätern

    überreicht.

  • Die GfbV initiierte die Gründung der Union Roma, organisiert für Roma

    Veranstaltungen und unterstützt die Einschulung und Weiterbildung

    ihrer Kinder.

    Unter "Download des Dokumentes" können Sie das vollständige Kampagnenblatt herunterladen.

     

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