24.06.2005

Für eine ehrliche Friedenspolitik

Bundesregierung lässt kleine Völker im Stich

Gern präsentiert Außenminister Joschka Fischer sein Engagement für eine friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes. Die Bundesregierung kritisiert den amerikanischen Angriff auf den Irak. Nach außen präsentiert sich Deutschland als Friedensstifter. Die deutsche Außenpolitik, versicherte die rot-grüne Koalition bei ihrem Machtantritt 1998, will Frieden sichern und Konflikte schon im Vorfeld entschärfen. So hieß es in ihren selbst gewählten Grundsätzen.

Doch die deutsche Außenpolitik verstößt längst massiv gegen ihre eigenen Prinzipien. Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich eng mit zwei Großmächten verbündet: Dem autoritär regierten Russland und dem totalitären China. Beide Staaten bedrohen, verfolgen oder vernichten kleine Völker wie die Tibeter, die Uiguren in Ostturkestan im Nordwesten Chinas oder die Tschetschenen im Kaukasus. Russlands Staatschef Wladimir Putin lehnt in Tschetschenien jeden Kompromiss ab. Seit 1994 sind der russischen Armee dort etwa 160 000 Kinder, Frauen und Männer zum Opfer gefallen. Die tschetschenische Hauptstadt Grosny ist nach zweimaligen Terrorbombardements 1994 und 1999 zum Dresden Russlands geworden. 2000 war der Chef des Bundesnachrichtendienstes August Hanning vor Ort, als in den Kellern der Stadt noch tausende Tote lagen. Jetzt sollen deutsche und russische Truppen 2005 gemeinsame "Anti-Terror- Übungen" durchführen.

Chinas Volkskongress hat gerade den Staatsrat ermächtigt, Gewalt gegen Taiwan anzuwenden. Die Menschen in dieser demokratisch regierten Republik haben Angst. Auch die Politik Schröders gefährdet ihre Sicherheit. Der Bundeskanzler missachtet das Votum des Bundestages und ist zum Vorreiter für die Aufhebung des Waffenembargos der Europäischen Union gegen China geworden. Peking benötigt die fortgeschrittene deutsche und europäische Waffentechnologie zur Modernisierung seiner Armee. Mit ihren 2,5 Mio. Soldaten ist sie die größte der Welt. Japan fühlt sich nach seinen traumatischen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg, nach Hiroshima und Nagasaki, von dieser deutschen Initiative zur Aufrüstung Chinas bedroht.

Die deutschen Exporte nach China sind 2004 um 15 %, die nach Russland um 23,5 % gestiegen. Es zahlt sich also dieses Mal aus, dass Deutschland die Bedrohung kleiner Völker hinnimmt. Und China will 2005 seine Militärausgaben um 12,5 %, Russland die Ausgaben für Sicherheitsdienst und Militär um 50 % erhöhen. In Sachen Waffenexport hat die Bundesregierung auch alle Schleusen geöffnet, vor allem in die Krisen geschüttelte arabische Welt. Deutschland ist 2003 auf Platz 4 der Weltrangliste der Waffenexporteure vorgerückt. In Darfur verwenden sudan-arabische Milizen das deutsche G3 Gewehr. Entsprechende Ausgabelisten der sudanesischen Armee liegen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor. Die Gewehre wurden in Lizenz im Iran produziert. Die Bundesregierung hat nicht einmal dagegen protestiert, dass das fundamentalistische Regime in Teheran sie an die Kriegsverbrecher im sudanesischen Khartum weitergibt.

Die GfbV wird noch entschiedener für eine ehrliche Friedenspolitik eintreten und sich mit Politikern auseinandersetzen, wenn deutsche Außen- und Wirtschaftspolitik die Menschenrechte aus den Augen verliert oder sie sogar ganz bewusst ausklammert. Wir bitten Sie herzlich, diese Arbeit mit einer Spende zu unterstützen. Jeder Beitrag hilft!

Deutsche Waffen

Deutsche Waffengeschäfte haben seit Amtsantritt von Rot-Grün stetig zugenommen: Laut aktuellem Rüstungsexportbericht ist die Ausfuhr von Rüstungsgütern 2003 im Vergleich zum Vorjahr von 3,26 auf 4,86 Milliarden Euro gestiegen. Einschließlich Sammelgenehmigungen beträgt der Wert des real erfolgten Waffentransfers sogar 7 Milliarden Euro. Obwohl mehr als 95 % aller Kriegsopfer durch Kleinwaffen getötet werden, hat sich der Wert der Einzelgenehmigungen für ihren Export auf 8,5 Millionen Euro verdoppelt. Geliefert wird auch in die unruhige arabische Welt. Dort könnte es jederzeit zu militärischen Auseinandersetzungen kommen.

Deutschland setzt Sicherheit Taiwans auf´s Spiel

Mit ihrem so genannten Antiabspaltungsgesetz bedroht die kommunistische chinesische Volksrepublik seit dem 14. März das demokratische Taiwan. Allein 610 Raketenstellungen wurden an Chinas Küste errichtet. Das Ziel der Geschosse ist die Inselrepublik. Chinesische Kampfflugzeuge benötigen 2,5 Minuten für einen Angriffsflug gegen Taiwan.

Zur Modernisierung der eigenen Rüstungsindustrie braucht das chinesische Militär dringend hoch spezialisierte Technik und Know How aus Europa für Raketen, Marschflugkörper und Aufklärungssysteme. Auch zahlreiche elektronische Bausteine für Luftwaffe und Marine kann Russland als wichtigster Rüstungslieferant Chinas nicht bieten. Innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre will die Volksrepublik solche Technologien in Wert von mindestens 10 Mrd. Euro kaufen.

Nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Juni 1989 hatte die Europäische Union ein Waffenembargo gegen die Volksrepublik verhängt, um ein Zeichen zu setzen gegen die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen im Reich der Mitte. Die Lage hat sich bis heute nicht verbessert. Noch hinzugekommen ist die Kriegsdrohung gegen Taiwan.

Doch Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich zum Anwalt der militärischen Bedürfnisse Chinas gemacht und trägt so zur Destabilisierung der Situation in Ostasien bei. Damit verletzt er die Sicherheitsbedürfnisse Japans und provoziert die USA, die Sicherheitsgarantien für Taiwan abgegeben haben. Deutschland darf nicht dazu beitragen, einen Krieg in dieser Region wahrscheinlicher zu machen. Das EU-Waffenembargo muss bleiben!

Totalitäre Herrschaft: China verfolgt seine Bürger

Im Jahr 2003 wurden Angaben eines chinesischen Parlamentariers zufolge wieder 10 000 Menschen in der Volksrepublik China hingerichtet. Bürgerrechtler sprechen von bis zu 30 000 Hinrichtungen im selben Jahr. Die Exekutionen werden zunehmend mit Giftspritzen vollstreckt. Unerbittlich werden in China Angehörige religiöser Gemeinschaften verfolgt: Katholiken und Protestanten, Buddhisten und Muslime. Ständige willkürliche Verhaftungen und Einweisungen von Geistlichen und Laien in Arbeitslager durch die Stadtkomitees der KP oder die völlig gleichgeschaltete Justiz sind an der Tagesordnung.

Die Politik der systematischen Zerschlagung der Falun Gong-Bewegung wird fortgesetzt. Seit Juli 1999 wurden 1400 Falun Gong-Anhänger hingerichtet. Mehr als 100 000 werden in Arbeitslagern (Laogai-Gulag) festgehalten, über deren Schrecken der international angesehene chinesische Menschenrechtler Harry Wu berichtet. Er hat 19 Jahre seines Lebens in solch einem Lager verbringen müssen. Auch die Unterdrückung und Verfolgung der kleineren Völker wie der Tibeter, der Mongolen und der Uiguren gehen weiter. Seit 1997 wurden über 500 Uiguren hingerichtet. In Tibet wird die Zerschlagung der traditionellen Kultur und Religion fortgeführt und die Ansiedlung von Han-Chinesen verstärkt. Radikal werden unabhängige Medien verfolgt, Zeitungen verboten. Allein im vergangenen Jahr wurden 1 600 Internet-Cafes geschlossen. Bis zum Jahre 2010 soll China flächendeckend durch Satellitenüberwachung für das Regime kontrollierbar sein.

Bilanz des Völkermords in Tschetschenien

"Man stieß mir Nadeln und glühende Nägel unter die Fingernägel, folterte mit Strom, hängte mich an der Gittertür auf, an Händen und Füßen gefesselt. Die Haut wurde mir mit Glasscherben zerschnitten. Man schlug mir die Zähne aus, brach mir die Rippen. Sie kamen zwei- bis dreimal am Tag. Mit dem Stiefel schlug man mir die Zehennägel ab. Ich konnte tagelang nicht gehen, auch nicht nach meinem Freikauf aus dem Filtrationslager", schreibt Achmed Magomadow. Der tschetschenische Flüchtling wird von der GfbV in Deutschland betreut.

Mindestens 160.000 Tschetschenen kamen seit 1994 um - knapp 20 % des gesamten Volkes. 20.000 russische Soldaten wurden getötet, 80.000 verletzt, verkrüppelt. Zehntausende tschetschenische Kinder, Alte, Frauen und Männer starben bei den Bombardements ziviler Ziele, darunter Krankenhäuser, Flüchtlingskonvois, Schulen, Moscheen, Marktplätze. Tausende junge Tschetschenen wurden durch Filtrationslager geschleift, gefoltert, Männer und Frauen vergewaltigt,. geschlagen. Fast 50 % der Tschetschenen wurde zeitweise vertrieben, Alte, Kranke, Behinderte, Schwangere, Säuglinge hatten nur geringe Überlebenschancen. Seit vielen Monaten wüten Todesschwadronen in Tschetschenien, bei "Säuberungen" werden Menschen verschleppt, Häuser geplündert. Allein 2004 "verschwanden" mindestens 1.700 Menschen.

Tschetschenien ist abgeriegelt, unabhängigen Beobachtern wird der Zugang verweigert, einheimische Menschenrechtler sollen zum Schweigen gebracht werden: Schon mindestens 13 wurden getötet.

 

Nach Flächenbombardement: BND in Grosny vor Ort

Sozialdemokraten wie Grüne hatten der Bundesregierung unter Helmut Kohl bis 1998 wegen ihres Schweigens zum Völkermord in Tschetschenien Mitverantwortung für die russische Vernichtungspolitik vorgeworfen. Die heutige rot-grüne Regierung bestärkt den Feldzug des Kreml. Tschetschenien sei Russlands "innere Angelegenheit", Moskau müsse im Kampf gegen den internationalen Terrorismus unterstützt werden, erklärten der Bundeskanzler und sein Außenminister. Gerhard Schröder ist eng mit Wladimir Putin befreundet, dem Hauptverantwortlichen für den Genozid. Während russische Menschenrechtler und Demokraten vor einer Renaissance des Stalinismus warnen, war der russische Präsident für Schröder noch im Herbst 2004 ein "lupenreiner Demokrat".

Verteidigungsminister Peter Struck verabredete für 2005 zwei gemeinsame Anti-Terror-Übungen deutscher und russischer Fallschirmjäger. Sein Amtskollege Sergej Iwanow sagt: "Deutschland ist einer unserer wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Partner in Europa." Schon im März 2000 hatte Rudolf Scharping als Verteidigungsminister mit den russischen Militärs 33 Projekte vereinbart. Damals fuhr BND-Chef August Hanning in das zerbombte Grosny, um die russische Terrorismusbekämpfung zu unterstützen. Der BND unterhält bis heute eine Abhörstation im Pamir-Gebirge. Er befragte tschetschenische Flüchtlinge in Inguschetien und informierte den FSB. Beide Geheimdienste arbeiten seit Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges intensiver zusammen.

Bitte unterstützen Sie die Friedens- und Menschenrechtsarbeit der GfbV für Tschetschenen, Tibeter, Uiguren und Angehörige anderer ethnischer und religiöser Gemeinschaften in China - und unterstützen Sie unsere Schwerpunktkampagne gegen die Aufhebung des EU-Waffenembargos!

Was tun wir?

     

  • Recherchen vor Ort

  • Herausgabe von Reporten und Memoranden

  • Deutsche und internationale Medienarbeit, u.a. Presse- konferenzen mit dem russischen Menschenrechtler Sergej Kowaljow, tschetschenischen Menschenrechtsverteidigern und dem chinesischen Regimekritiker Harry Wu

  • Konsequente Lobbyarbeit bei Parlamentariern, Parteien, Bundesregierung und Europaparlament

  • Ständige Mitarbeit bei der UN-Menschenrechtskommission in Genf

  • Vorträge, Podiumsdiskussionen, Mahnwachen, Demonstrationen

  • Massenaussendungen an Personen und Institutionen, Organisationen, Parteien in Deutschland und Europa für deutsche Friedenspolitik in Russland und China

  • Verhinderung von Abschiebungen

  • Unermüdlicher Einsatz für bedrohte Menschenrechtsverteidiger, auch durch Intervention bei Botschaften und deutschen Institutionen im Land oder die Vermittlung von Stipendien für Deutschlandaufenthalt

  • Betreuung von Flüchtlingen

  • Zusammenarbeit mit der Flüchtlingsgemeinschaft

  • Initiierung und Vermittlung von humanitärer Hilfe