04.02.2013

Frankreich soll sich für UN-Menschenrechtsbeobachter in Nord-Mali einsetzen - Tuareg fürchten Rückzug französischer Armee

Französischer Staatspräsident reist heute nach Mali

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande appelliert, sich bei seinem heutigen Besuch in Mali für die Zulassung von UN-Menschenrechtsbeobachtern in Nord-Mali einzusetzen.

"Wir sind sehr beunruhigt über Berichte über Menschenrechtsverletzungen malischer Soldaten nach der Rückeroberung von Städten in Nord-Mali. Dringend muss Malis Regierung gedrängt werden, UN-Menschenrechtsbeobachter in die Region zu lassen, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren und die verunsicherte Bevölkerung zu beruhigen", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Samstag in Göttingen. Denn Gerüchte schüren die Angst vor allem unter Tuareg und Arabern, die Racheakte malischer Soldaten fürchten. Bislang berichteten Augenzeugen bereits über mindestens 20 Hinrichtungen vermeintlicher Aufständischer oder Zivilisten. "Seit Wochen warnen wir vor solchen Übergriffen, nun muss endlich gehandelt werden." Der UN-Gesandte zur Verhinderung von Genozid, Adama Dieng, äußerte sich gestern sehr besorgt über die Lage in Nord-Mali.

Auch sollen die französischen Truppen länger in der gestern eingenommenen Stadt Kidal verbleiben, um Übergriffe gegen die in dem Ort lebenden Tuareg zu verhindern, forderte die Menschenrechtsorganisation. Frankreich hat seinen schnellen Rückzug aus Kidal angekündigt, das künftig von Soldaten aus dem Tschad kontrolliert werden soll. "Die Truppen aus dem Tschad sind für ihre extreme Brutalität berüchtigt", warnte Delius. "Auch drängt Mali auf eine stärkere Präsenz seiner Soldaten in dieser Tuareg-Hochburg." Bislang hatte Frankreich nur ausgewählte Tuareg-Einheiten der malischen Armee an der Einnahme von Kidal beteiligt, um Übergriffe malischer Soldaten zu verhindern. Mehr als die Hälfte der 25.000 Bewohner der Stadt waren aus Angst vor Racheakten in der letzten Woche aus dem Ort geflohen.

Frankreichs Alleingang bei der Einnahme Kidals hat massive Kritik in Mali ausgelöst. Malische Politiker und Medien beschuldigen Frankreich des Verrats und der Kumpanei mit aufständischen Tuareg. Kritik wird vor allem daran geübt, dass Frankreich auf politischen Verhandlungen mit Tuareg besteht und nicht zur Entwaffnung der Tuareg-Freiheitsbewegung MNLA bereit ist.

"Der Streit macht deutlich, wie problematisch die in wenigen Tagen beginnende EU-Ausbildungsmission für Malis Armee ist", warnte Delius. "Denn offensichtlich haben Malis Regierung und die EU unterschiedliche Ziele." Während die EU an einer Ausschaltung radikaler Islamisten interessiert ist und auf eine stärkere Einbeziehung der Tuareg zur Stabilisierung Nord-Malis drängt, will Malis Regierung Islamisten und Tuareg gleichermaßen entwaffnen und lehnt Verhandlungen mit ihnen ab. Auch Malis Parlament bekräftigte in der letzten Woche, es dürfe keine Verhandlungen mit den Aufständischen geben. "Doch wie will die EU einen Partner wirksam unterstützen, dessen Ziele und Methoden sie nicht teilt?"