13.03.2010

Forderung an britische Behörden: Ganic nach Bosnien überstellen!

Ejup Ganic

Göttingen
Erfolg! 28.07.2010

Das britische Gericht in Westminster unter Richter Timothy Workman hat die Auslieferung des früheren bosnischen Präsidenten Ejup Ganic an Serbien am 27. Juli 2010 abgelehnt und die Vorwürfe wegen angeblicher Kriegsverbrechen gegen den 64-Jährigen als "politisch motiviert" bezeichnet. Ganic beschuldigte Serbien, es hätte das britische Rechtssystem ausgenutzt, um ihn 5 Jahre lang festzuhalten. Mit den Vorwürfen gegen seine Person, sollten seiner Meinung nach Kriegsverbrechen verschleiert werden, für die die serbische Seite verantwortlich ist. Die britische Geschäftsfrau Diana Jenkins, die zusammen mit Baroness Thatcher 300 000 £ für die Kaution bereitgestellt hatte, sprach von "einem Sieg für jeden, der daran arbeitet, die wahren Kriegsverbrecher zur Rechenschaft zu ziehen". Vladimir Vukcevic, der serbische Ankläger, kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. (Quelle: Telegraph)

 

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Hintergrund


Am 1. März 2010 wurde der bosnische Politiker Ejup Ganic aufgrund eines serbischen Auslieferungsantrags wegen angeblicher Kriegsverbrechen auf dem Londoner Flughafen Heathrow festgenommenen. Nach Stellung einer Kaution kam Ganic bis auf Weiteres frei, darf aber Großbritannien nicht verlassen. In Serbien existiert jedoch keine unabhängige Gerichtsbarkeit, die die Vorwürfe gegen Ganic untersuchen und ein gerechtes Urteil fällen könnte. Denn bis heute schützen serbische Justiz, Regierung und Militärs den international gesuchten mutmaßlichen Kriegsverbrecher und Mitverantwortlichen für den Genozid an der bosnischen Zivilbevölkerung, Ratko Mladic. Allein diese Tatsache sollte Grund genug sein, Ganic, bis 1992 Mitglied des multiethnischen bosnischen Staatspräsidiums, nicht an Serbien auszuliefern.

Die serbische Justiz hatte Anfang 2009 gegen Ganic, seinen damaligen bosnisch-kroatischen Amtskollegen Stjepan Klujic und 17 andere bosnische Staatsbürger, darunter den serbischen Verteidiger der Stadt Sarajevo und Victor-Gollancz-Preisträger General Jovan Divijak, wegen angeblicher Kriegsverbrechen Haftbefehl erlassen. Ganic soll einer bosnischen Polizeieinheit am 3. Mai 1992 befohlen haben, auf einen sich aus der Stadt zurückziehenden Konvoi der damaligen Jugoslawischen Volksarmee (JNA) zu schießen, und damit gegen die Genfer Menschenrechtskonvention verstoßen haben (Dobrovoljacka Fall). Dabei sollen nach unterschiedlichen Angaben zwischen sieben und 42 Menschen getötet und bis zu 70 verletzt worden sein. Sowohl das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag (ICTY) als auch die Staatsanwaltschaft Bosnien-Herzegowinas konnten bei ihren Untersuchungen keinerlei Beweise für eine derartige Anklage feststellen.

Ein unabhängiges multiethnisch besetztes Gericht in Sarajevo/Bosnien-Herzegowina soll die Vorgänge klären. Zu dieser Zeit war Bosniens Hauptstadt von serbischen Aggressoren eingekesselt und wurde täglich beschossen. Innerhalb der Stadt bildeten sich Verteidigungseinheiten. Gleichzeitig versuchte die jugoslawische Volksarmee von ihrer Kaserne aus in Sarajevo vergeblich das bosnische Staatspräsidium anzugreifen. Zur gleichen Zeit war der bosnische Staatspräsident Izetbegovic noch in serbischer Hand. Nach Verhandlungen durfte die JNA-Einheit unter Zurücklassung ihrer schweren Waffen die Stadt verlassen.

Serbische Behörden erheben zur Zeit immer absurdere Vorwürfe gegen Bürger Bosnien-Herzegowinas und lassen sie mit Haftbefehlen verfolgen. Das Internationale Kriegsverbrechertribunal hat die Verfolgung mutmaßlicher Kriegsverbrecher auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien 2005 eingestellt. Sonderverträge zwischen Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kroatien wie die Römer Verfahrensregeln (Rome Agreement 1996) sind ohne Nachfolgeregelung ausgelaufen. Nach GfbV-Informationen liegen gegen mindestens 400 Vertriebene aus den von serbischen Truppen besetzten Regionen Bosniens geheime Haftbefehle serbischer Behörden vor, obwohl die Gesuchten meist Überlebende serbischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder gar der Massenmorde in Srebrenica oder dem Drina-Tal sind. Nach den dortigen Massakern wurde die bosniakische Bevölkerung vertrieben oder in Lager gesperrt.

Bitte unterstützen Sie den Appell der GfbV an den englischen Justizminister Jack Straw sowie den Außenminister David Miliband, den bosnische Politiker Ejup Ganic umgehend an sein Heimatland Bosnien zu überstellen und ihm so die Chance auf einen gerechten Prozess zu ermöglichen, sollten sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen.

 

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