19.04.2005

Fischer soll sich für Entsendung von mehr Waffenstillstandsbeobachtern einsetzen

Außenminister Fischer reist am Sonntag in den Sudan

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Außenminister Joschka Fischer kurz vor seiner Abreise in den Sudan am Sonntag dringend gebeten, sich für die Entsendung von mehr Waffenstillstandsbeobachtern nach Darfur im Westen des Landes einzusetzen. "Wenn die Zahl der Beobachter nicht drastisch erhöht und ihre Ausstattung verbessert wird, ist das Scheitern der Beobachtermission vorprogrammiert", warnte der GfbV-Sudanexperte Ulrich Delius. Die internationale Staatengemeinschaft könne nicht ernsthaft erwarten, dass es 120 Beobachtern mit nur einem Hubschrauber gelänge, Truppenbewegungen in einem Gebiet von der Größe Frankreichs zu kontrollieren. "Eine so miserabel ausgestattete Mission hat allenfalls eine Alibi-Funktion." Es sei bezeichnend, dass der Hubschrauber in den vergangenen Tagen wegen Treibstoffmangels nicht eingesetzt werden konnte. ähnliche Behinderungen hätten auch schon im Jahr 2002 eine Beobachtermission im Südsudan scheitern lassen.

 

Fischer solle die sudanesische Führung außerdem nachdrücklich auffordern, die sieben bekanntesten Anführer der für den Völkermord in Darfur verantwortlichen Reitermilizen vor Gericht zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Liste mit den Namen dieser Janjaweed-Führer übermittelte die GfbV Außenminister Fischer ebenfalls. So könne überprüft werden, ob die sudanesische Regierung es nun ernst meine mit ihrer Aufkündigung der Zusammenarbeit mit den Terror und Schrecken verbreitenden Milizen. Bislang deute jedoch alles darauf hin, dass Khartum nicht bereit sei, die Straflosigkeit in Darfur wirksam zu beenden. Doch ohne dies und ohne eine spürbare Verbesserung der Sicherheitslage sei an eine Rückkehr der Flüchtlinge in ihre von Milizen und der Armee zerstörten Heimatdörfer nicht zu denken.

 

"Bitte setzen Sie sich auch dafür ein, dass Flüchtlingslager nicht gewaltsam aufgelöst und die Menschen in ihre Dörfer zurückgeschickt werden, obwohl sich die Sicherheitslage nicht gebessert habe", heißt es in dem Schreiben der GfbV. Vor dem Besuch von US-Außenminister Colin Powell Ende Juni hätten die sudanesischen Behörden mit der Auflösung einiger Lager den Anschein erwecken wollen, die Situation in Darfur habe sich normalisiert. So waren die Insassen des Lagers Meshtel (Nord-Darfur) mit Lastwagen zu einem anderen Camp transportiert worden, wo ihnen jedoch die Aufnahme verweigert wurde. In der Umgebung der Stadt El Fasher (Nord-Darfur) wurden Nahrungsmittel an Flüchtlinge verteilt, um sie zur Rückkehr in ihre Dörfer zu bewegen. Nahe von Nyala (Süd-Darfur) wurden 1.500 Flüchtlinge in einem Camp von Polizisten und Soldaten geschlagen und zum Verlassen des Lagers aufgefordert.

 

Mit allergrößter Skepsis sei die von Khartum angekündigte Entsendung von 6.000 Polizisten zum Schutz der Flüchtlinge aufgenommen worden. Denn unter den Flüchtlingen geht die Angst um, die Polizisten gehörten zu den gefürchteten Janjaweed-Milizen, die in den letzten Monaten oft Uniformen der sudanesischen Armee getragen haben.