19.01.2006

Evo Morales: Ein Portrait

Boliviens neuer Präsident

Evo Morales (Foto: www.tribalmessenger.org)

Evo Morales Ayma wurde am 26. Oktober 1959 im Dorf Iasllave bei Oruro geboren. Zur Schule waren es zehn Kilometer zu Fuß. Es gab keine Bänke. Die Kinder saßen auf Stapeln von Lehmziegeln. Nur drei von sieben Geschwistern überlebten. "Oft gab es nichts zu essen", erinnert er sich: "Aber wir waren nicht arm. Das ging allen so." Mit 13 ging er nach Oruro und arbeitete neben der Schule in einer Bäckerei, verdiente Geld als Maurer und Trompeter. Als er zum Militärdienst eingezogen wurde, ging seine Familie in den Chapare, um Koka anzubauen. Auf dem Altiplano wollte man nicht mehr bleiben. "Wenn es auch der Frost war oder der Hagel, der unsere Ernte vernichtete, niemals war der Staat da oder die Regierung, um uns zu helfen. Mir wurde damals schon klar, dass wir selbst kämpfen mussten, dass wir dafür verantwortlich waren, uns selbst zu verteidigen."

Nach dem Militärdienst folgte Evo seiner Familie in den Chapare nach, half zunächst seinem Vater mit der Koka, der ihn im Gegenzug beim Studium in Cochabamba unterstützte. Schließlich kaufte er selbst Land und baute Koka an. In seinem sindicato war er Sportbeauftragter, organisierte Fußballturniere, was ihm bei den Mädchen den Beinamen "der junge Fußballer" eintrug. Im Jahr 1984 wurde er zum dirigente gewählt, zum Chef seines sindicatos. Er war damals der jüngste unter den dirigentes. Seit 1991 steht er dem Koordinationskomitee der sechs cocalero-federaciones des Chapare vor. Seit 1997 ist er Parlamentsabgeordneter.

Als Verantwortlicher für Proteste wurde er immer wieder verhaftet und deportiert. Einmal entzog man ihm sein Abgeordnetenmandat, weil man ihn für gewalttätige Zusammenstöße verantwortlich machte, bei denen Polizisten ums Leben gekommen waren. Das brachte ihm bei den Wahlen 2002 zusätzliche Stimmen ein, weil man den Mandatsentzug als ungerechtfertigt ansah. Immer wieder wurde er auch beschuldigt, mit dem Drogenhandel unter einer Decke zu stecken. Er weist das entschieden zurück. Dagegen spricht neben seinem bescheidenen Auftreten (Luxus scheint ihm von Natur aus gleichgültig zu sein) vor allem eines: Niemals wurden diese Vorwürfe bewiesen, nie wurde auch nur Anklage erhoben.

Zitate aus dem Kapitel: "Ein Bauernführer erzählt" in: Robert Lessmann: "Zum Beispiel Bolivien", Lamuv-Verlag, Göttingen, 2004.