07.06.2005

"Ethnische Säuberungen" in der Zentralafrikanischen Republik?

Nach Kindesentführungen flüchteten 10.000 Nomaden vor Milizenterror – auch muslimische Bauern von Vertreibung bedroht

Mehr als 10.000 Mbororo-Nomaden und muslimische Bauern des Fulbe-Volkes sind nach Informationen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) seit Januar 2005 aus dem Westen der Zentralafrikanischen Republik in das benachbarte Kamerun und nach Nigeria geflohen. "Sie fliehen vor dem Terror von Milizen, die mit nächtlichen Überfällen und Entführungen die Bevölkerung einschüchtern", berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Freitag. Die Milizionäre rekrutierten sich zumeist aus Rebellen und Söldnern aus dem Tschad, die dem Staatspräsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Francois Bozizé, bei seiner gewaltsamen Machtübernahme im März 2003 geholfen hätten. Seither plünderten sie mit Duldung der Behörden den Westen des an Diamanten, Gold und Uran reichen Landes. Vergeblich hätten Menschenrechtsorganisationen aus dem In- und Ausland sowie die katholischen Bischöfe gegen die Willkür der Milizen und ihre Straflosigkeit protestiert.

 

"Die mit Namenslisten aller Dorfbewohner ausgestatteten Angreifer haben bereits mehr als 1.000 Kinder entführt, um Lösegeld von ihren Angehörigen zu erpressen", sagte Delius. Mit dem Verkauf ihrer Viehherden könnten die Nomaden zwar meist die Freilassung ihrer entführten Kinder finanzieren, doch aus Angst vor neuen Übergriffen würden sie fliehen. Mit dem Verlust ihrer Herden hätten sie jedoch auch ihre Lebensgrundlage eingebüßt, so dass ihnen nun Verelendung und Hunger drohten.

 

Doch auch in Kamerun seien sie vor Angriffen der marodierenden Milizen nicht sicher. So berichtete der Vertreter des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge in Kamerun, Jacques Franquin, am 14. April 2005 in der Hauptstadt Yaounde über anhaltende Übergriffe der auch im Nordosten des Landes aktiven Milizen auf die geflohenen Mbororo-Nomaden.

 

Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten Länder der Welt. Nur 3,9 Millionen Menschen leben in dem Staat, der doppelt so groß ist wie Deutschland. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 40 Jahre. 67 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze.

 

Nun droht auch den wohlhabenderen Mbororo-Nomaden und den sesshaften Fulbe-Bauern die Verelendung. Nach der Vertreibung der Nomaden haben die Milizionäre ihren Terror in den letzten Wochen immer mehr auf die muslimischen Bauern ausgeweitet. Die Muslime stellten nur 15 Prozent der Bevölkerung in dem überwiegend christlichen Land.