02.06.2014

Erleichterung und Wut bei Meriams Unterstützern –Freilassung aus politischem Kalkül – Sudans Christen werden auch weiterhin verfolgt

Sudan will zum Tode verurteilte Christin freilassen

Mit Erleichterung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die Ankündigung des sudanesischen Außenministeriums reagiert, die zum Tode verurteilte Christin Meriam Yahia Ibrahim in den nächsten Tagen aus der Haft zu entlassen. „Dies ist ein großartiger Erfolg auch der vielen internationalen Proteste und wir freuen uns mit Meriam und ihrem Ehemann Daniel über diese glückliche Wendung in dem Familiendrama“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen.

„In die Freude mischt sich aber auch Wut über die empörenden Umstände der Freilassung. Denn Meriam wird nicht aus Respekt vor der Glaubensfreiheit freigelassen, wie das sudanesische Außenministerium vorgibt, sondern um Außenminister Ali Karti bei seinem bevorstehenden Europa-Besuch ein Desaster zu ersparen. Für den überzeugten Islamisten wäre nicht nur sein Zwischenstopp in Berlin am kommenden Mittwoch zu einem Spießrutenlauf geworden. Für Sudans Christen und besonders für die Konvertiten hat Meriams Fall nur gezeigt, wie hilflos sie der Willkür eines Regimes ausgesetzt sind, dass gnadenlos auf eine gezielte Islamisierung setzt. Meriam wird nur aus politischem Kalkül freigelassen, Religionsfreiheit bleibt für Sudans Regierung hingegen ein Fremdwort.“

Ihre baldige Haftentlassung hat der stellvertretende Staatssekretär im sudanesischen Außenministerium, Abdullahi Alzareg, am Samstagabend gegenüber dem britischen Radiosender BBC angekündigt. „Spätestens seit der britische Premierminister David Cameron das Urteil am Samstag als „barbarisch“ brandmarkte, muss dem sudanesischen Außenministerium klar geworden sein, dass jeder Tag, an dem sie Meriam im Todestrakt festhalten, den Sudan mehr zu einem Pariah in den Augen der Weltöffentlichkeit macht. Sudans Christen hat das Unrechtsurteil ohnehin wie beabsichtigt nachhaltig eingeschüchtert. Sie wissen heute mehr denn je zuvor, dass dieses islamistische Regime immer wieder Religion missbraucht, um vermeintliche Stärke zu zeigen und seinen Machterhalt zu sichern.

So überfiel der sudanesische Geheimdienst NISS am 2. März 2013 die „Kirche des Neuen Lebens“ in Omdurman. Am 25. Juni 2013 drang er in die Räume der Evangelischen Presbyterianischen Kirche ein, am 5. Oktober 2013 beschlagnahmte er die Evangelische Kirche Bahri in Khartum, am 17. Februar 2014 zerstörte man mit Bulldozern eine Kirche in Omdurman. Genehmigungen zum Neubau von Gotteshäusern sind kaum zu bekommen. Die Reisefreiheit von ausländischen Kirchenvertretern wird eingeschränkt und in sudanesischen Schulbüchern werden Andersgläubige diffamiert.

Auch gemäßigte Musliminnen und Muslime leiden unter der Islamisierung des Landes. Jedes Jahr werden hunderte Musliminnen und Christinnen ausgepeitscht, weil sie gegen strenge Bekleidungsvorschriften verstoßen haben sollen. Vor allem junge Musliminnen werden durch die Islamisierung massiv in ihrer Bewegungsfreiheit und in anderen Grundrechten eingeschränkt. So droht unverheirateten Frauen eine Anklage wegen vermeintlicher „Prostitution“, wenn sie auf der Straße Kontakt mit Männern haben.


Ulrich Delius, der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 27 oder afrika@gfbv.de