04.09.2010

Erfolg in der Türkei! Das kurdische Mädchen Berivan Sayaca ist frei!

Türkei:

Berivan Sayaca

Ihr Einsatz hat sich gelohnt! Nachdem wir in unserem letzten Newsletter vom 26. Juli 2010 noch um Ihre Mithilfe gebeten hatten, ist das kurdische Mädchen Berivan in der Türkei jetzt frei! Im Oktober 2009 war sie als "Terroristin" zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Der Druck aus dem In- und Ausland bewegte die türkische Regierung schließlich dazu, die Anti-Terrorgesetze zu lockern und darauf basierende Urteile rückwirkend abzumildern. Gegen über 4.000 kurdische Kinder liefen solche Verfahren.

Wir danken allen die unsere Arbeit unterstützen! Ihr Gfbv-Team

 

---- Hintergrundtext ----

Das 15-jährige kurdische Mädchen Berivan Sayaca wurde Opfer des türkischen Anti-Terrorgesetzes, das seit seiner Verschärfung 2006 besonders kurdische Jugendliche hart trifft. Anhand von undeutlichen Fotos, die die Teilnahme Berivans an einer illegalen prokurdischen Demonstration belegen sollen, wurde sie im Oktober 2009 als "Terroristin" zu acht Jahren Haft verurteilt. Gegen bis zu 4.000 kurdische Jugendliche laufen Verfahren wegen ähnlicher "Vergehen". Trotz mehrerer Ankündigungen des türkischen Parlamentes in der Vergangenheit das Gesetz zu ändern, hat sich für die Jugendlichen nichts geändert und die Gefängnisstrafen wurden nicht verringert oder erlassen.

Die Familie Sayaca besuchte Anfang Oktober Verwandte in ihrem Heimatort Batman, einer Stadt in Südostanatolien. In diesem Teil der Türkei kommt es häufig zu prokurdischen, meist illegalen Demonstrationen. Berivan Sayaca brach am Morgen des 9. Oktober 2009 zu ihrer Tante auf und kam nie zurück. Ihr wurde zum Verhängnis, dass an der Bushaltestelle, an der sie aussteigen musste, eine prokurdische Demonstration stattfand. Als Polizisten mit Schlagstöcken hinter ihr herliefen, flüchtete das Mädchen. Sie wurde verhaftet und als Terroristin angeklagt. Als Beweis genügte ein Foto, auf dem ein Schuh zu sehen war, der Berivans Schuh glich. Unter dem Vorwurf, sie habe Parolen gerufen und Steine geworfen, wurde sie als Terroristin zu acht Jahren Haft im Hochsicherheitsgefängnis von Diyarbakir verurteilt.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist in Kontakt mit Berivans Eltern und ihrem Rechtsanwalt. Sie beteuern die Unschuld von Berivan. Ihr Rechtsanwalt macht für die neuerliche Verhaftungswelle gegen kurdische Kinder das Rechtssystem in der Türkei verantwortlich. Nach Angriffen der PKK und Unruhen in kurdischen Städten verschärfte die türkische Regierung 2006 das Antiterrorgesetz. Von dieser Verschärfung sind besonders die kurdischen Jugendlichen betroffen. Jugendliche ab 15 brauchen seither nicht mehr vor ein Jugendgericht gestellt zu werden. Außerdem gilt ein Teilnehmer an einer illegalen Demonstration automatisch als Mitglied der PKK und damit als Terrorist. Gegen bis zu 4.000 kurdischen Jugendlichen laufen Verfahren wegen ähnlicher "Vergehen". Ihre Verbrechen lauten: Steine werfen, Beschädigung öffentlichen Eigentums, verbotene Parolen rufen und verbotene Symbole zeigen. Neben den harten Strafen sind zudem die Haftbedingungen katastrophal: Die hygienischen Zustände sind desolat, das Essen kaum genießbar und in den Zellen gibt es Kakerlaken und Ratten. Mit der Verurteilung als Terrorist und der langen Haftstrafe wird die Zukunft der Kinder zerstört.

İn den überwiegend von Kurden besiedelten Gebieten in Türkisch-Kurdistan kommt es fast täglich zu Protestaktionen gegen die türkische Militärherrschaft. Die Proteste, an denen sich Menschen aller Altersgruppen beteiligen, bleiben überwiegend friedlich. Dennoch geht die türkische Polizei gegen diese Demonstrationen der Kurden mit Schlagstöcken, Tränengas und Wasserwerfern vor. Kurdische Kinder in der Türkei sind die größten Opfer des seit Jahren andauernden Konfliktes zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Bevölkerung des Landes.

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