20.10.2009

Ehemaliger Professor muss für Demokratie-Appelle zehn Jahre ins Gefängnis

China: Unrechtsurteil gegen Literaturwissenschaftler aus Nanjing


Der ehemalige Literaturprofessor Guo Quan aus Nanjing, der chinesischen Partnerstadt von Göttingen, Leipzig, Stuttgart und Friedrichshafen, muss für zehn Jahre ins Gefängnis, weil er sich für die Demokratisierung Chinas engagiert hat. Anschließend werden dem Wissenschaftler drei Jahre lang die politischen Rechte entzogen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisierte den nun bekannt gewordenen Schuldspruch vom vergangenen Freitag als Unrechtsurteil, da Guo Quan nur von seinen verfassungsmäßigen Rechten in China Gebrauch gemacht habe. "Guo Quans einziges Verbrechen ist es gewesen, sich in Petitionen und Offenen Briefen für eine Demokratisierung des Staatssystems einzusetzen", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Seine Verurteilung wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" verletzt sowohl chinesisches Recht als auch internationale Rechtsnormen."

 

So sei es in China vollkommen legal, sich mit Petitionen an die Staatsführung zu wenden. Außerdem habe das Gericht das chinesische Strafprozessrecht verletzt, weil das Strafmaß erst mehr als vier Monate nach dem Gerichtsverfahren ergangen sei, das am 20. Juni 2009 vom Mittleren Volksgericht in Suqian (Provinz Jiangsu) eröffnet wurde. Gemäß chinesischem Strafprozessrecht muss die Strafe innerhalb von anderthalb Monaten nach dem Schuldspruch verhängt werden. "Offensichtlich will man den engagierten Anhänger der Demokratiebewegung um jeden Preis kriminalisieren, wegsperren und mundtot machen", sagte Delius. Dabei habe Guo Quan nur von seinem verfassungsrechtlich garantierten Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht.

 

In vier Offenen Briefen an die chinesische Staatsführung hatte Guo Quan ein Mehrparteiensystem für China und eine Demokratisierung des Landes gefordert. Als die chinesische Führung im November 2007 die Demokratisierung mit dem Argument ablehnte, Chinas Bevölkerung sei nicht reif für Demokratie, forderte er Chinas Führung auf, endlich Vertrauen in die eigene Bevölkerung zu haben und angekündigte Reformen auch umzusetzen.

 

Der Professor war daraufhin im Dezember 2007 zum Sachbearbeiter degradiert worden. In den USA hatte Guo Quan Anzeige gegen den Internet-Anbieter Yahoo erstattet, weil das Unternehmen auf seinen chinesischen Websites auf Druck der chinesischen Behörden alle Einträge unter dem Namen des Dissidenten gesperrt hatte.

 

Für Nachfragen ist der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius erreichbar unter u.delius@gfbv.de