12.12.2008

Direktor des Vereins "Bildung baut auf Bosnien-Herzegowina" (Sarajewo)

Dankesrede von Jovan Divjak

Jovan Divjak

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Tilman Zülch,

den Victor-Gollancz-Preis nehme ich mit großer Ehrfurcht entgegen im Gedenken an die Opfer des Holocausts und der Genozide in der neueren Zivilisation. Ich nehme den Preis jedoch auch mit Stolz auf alle Menschen entgegen, die die Botschaft aus dem Talmud befolgt haben: "Wenn du einen Menschen gerettet hast, ist es so, als hättest du die ganze Welt gerettet."

Den Stolz und die Freude für den Preis teile ich mit einer Großzahl der Bürger von Bosnien und Herzegowina, die es sogar noch mehr verdient haben als ich, für diese angesehene Auszeichnung nominiert zu werden. Ich bin einer unter Tausenden, die sich dem Neofaschismus und dem größten Genozid am Ende des zweiten Jahrtausends widersetzt haben.

Dies ist eine gute Gelegenheit, den Frauen Bosnien-Herzegowinas, die Opfer des Genozids waren und alle Schrecken des Krieges – Vergewaltigung, Vertreibung , den Verlust von Kindern, Söhnen und Töchtern, Ehemännern – ertragen haben und heute noch für Menschenrechte kämpfen, meine Verehrung und meinen Respekt auszusprechen. Es ist schwer, aber ehrenhaft, eine Frau zu sein.

Dort, wo Frauen respektiert werden, ist auch den Göttern genüge getan, wo den Frauen kein Respekt entgegen gezeigt wird, dort wird keine Tat Früchte tragen (Mahabharata).

Die schrecklichen Bilder der Frauen mit ihren Kindern im Arm, die vor Militärfahrzeugen und bis an die Zähne bewaffneten Soldaten in Bosnien-Herzegowina, Afghanistan, dem Irak, Palästina und anderswo fliehen, stehen uns noch vor Augen. Niemals werden die Bilder der Verfolgung und des Holocausts an den Juden, den Roma, den Polen und anderen Opfern verbleichen. Das zwanzigste Jahrhundert kann als das Jahrhundert des Genozids bezeichnet werden. Nach dem Genozid im Zweiten Weltkrieg, danach in Kambodscha, Biafra, Bosnien und Herzegowina, in Ruanda und Darfur hat sich ständig unser Schwur wiederholt, dass sich dieses nicht wiederholen wird. "Niemals wieder" wurde unzählige Male auf internationalen Konferenzen und durch die einflussreichsten Menschen auf der Welt ausgesprochen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass auf der Mitgliederversammlung der Gesellschaft für bedrohte Völker die Resolution verabschiedet wurde, in der die Umsetzung der UN-Konvention über Verhinderung und Verhütung von Genozid (9.Dezember 1948) gefordert wird.

Dank der Gesellschaft für bedrohte Völker und ihrem Gründer und Präsidenten, Herrn Tilman Zülch, werden die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen noch einmal auf die Krise der Demokratie und der Zivilgesellschaft wie auch auf die eigene Mitverantwortung für das Bedrohen und Nichtbefolgen der Deklaration über Menschenrechte aufmerksam gemacht.

Jeder Einzelne hat als gesellschaftliches Wesen das Recht, die Verpflichtung und die Verantwortung, die heutige Welt zu verändern und sie den eigenen und den Bedürfnissen anderer Menschen anzupassen. Der "Victor-Gollancz-Preis" ist eine Anerkennung dafür, dass ich auf der Seite der Gerechtigkeit, der Wahrheit, der Toleranz und Philanthropie stand, jedoch auch eine Verpflichtung, in meinem Bestreben ausdauernd zu sein, damit die Gesellschaft, in der ich lebe, besser wird, als sie es heute ist.

Ich muss Sie nicht zusätzlich überzeugen, dass ich dies erreichen werde.

Ich danke besonders Herrn Dr. Heinz Nawratil, der das Preisgeld für den "Victor-Gollanzc-Preis" gespendet hat. Dieses Geld wird für Stipendien für Kinder – Kriegsopfer verwendet werden.

Vielen Dank!