03.07.2007

Die Turkmenen: Seit Jahrhunderten im Nordirak beheimatet

Die Turkmenen im Irak leben in verschieden Enklaven im Norden des Landes, vor allem in den Städten Arbil, Tal Afar, Kirkuk und Mosul. Wie auch das Volk der Assyro-Chaldäer beanspruchen sie, nach den Arabern und Kurden die drittgrößte ethnische Gruppe im Land zu sein. Verschiedenen Schätzungen zu folgen soll es zwischen 300.000 und 600.000 Turkmenen im Irak geben. 50 % von ihnen sollen Schiiten, 50 % Sunniten sein, heißt es in einigen Quellen. Anderen Angaben zufolge sind etwa 65% der irakischen Turkmenen Schiiten und 35 % Sunniten.

Die irakischen Turkmenen – nicht zu verwechseln mit den Turkmenen in Zentralasien - sprechen einen türkischen Dialekt, der sehr stark vom Arabischen, Kurdischen und osmanischen Türkisch beeinflusst ist. Ethnologen und Linguisten klassifizieren die gesprochene Sprache als eine Form des Süd-Aserbaidschanischen. Benutzten die Turkmenen des Irak bis vor wenigen Jahren arabische Schriftzeichen, wird in jüngster Vergangenheit immer häufiger das türkisch-lateinische Alphabet verwendet.

Die Ursprünge der irakischen Turkmenen reichen zurück zu den abbasidischen Kalifen von Bagdad im 9.Jhd. Die meisten Turkmenen, die heute in der Region leben, sind Nachfahren der Siedler, die unter der Herrschaft der Seldschuken um 1050 in den Nordirak kamen. Zur gleichen Zeit ließen sich Türken aus Zentralasien (Turkistan) in Anatolien nieder. Das Osmanische Reich erhöhte den Anteil der turksprachige Bevölkerung in der Region im 18.Jhd., indem Türken aus Anatolien und Angehörige anderer turksprachiger Gemeinschaften in das Gebiet des heutigen Irak gebracht wurden. So sollten die Straßen von Bagdad nach Istanbul gesichert und Stammeskämpfe unterbunden werden. Diese Siedler errichteten ihre Dörfer bevorzugt an den Taleingängen, was ihnen direkten Zugang zu den von Kurden dominierten Gebieten gab. Diese historischen Begebenheiten haben zu den Spannungen zwischen Turkmenen und Kurden beigetragen.

 

Die Irakische Turkmenische Front

Unter Saddam Hussein und dem Baath-Regime wurden die Turkmenen wie auch die anderen arabischen Minderheiten im Irak Opfer der Arabisierungspolitik. Sie durften weder ihre Sprache noch Kultur pflegen. Viele assimilierten sich. Nach dem Sturz von Saddam Hussein 2003 sind die Turkmenen zu einer wichtigen politischen Kraft im Irak geworden. Unter ihren zahlreichen Organisationen, die es inzwischen gibt, verhält sich nur die mit türkischer Hilfe gegründete Irakische Turkmenische Front (ITF) Ankara gegenüber loyal.

Die ITF wird von der türkischen Regierung instrumentalisiert, vor allem um Autonomie-Bestrebungen der Kurden zu bekämpfen, aber auch den friedlichen Versuch, Kirkuk an das Bundesland Kurdistan anzuschließen. Die Irakische Turkmenische Front stellt den irakischen Föderalismus insgesamt in Frage und wird zum Teil für die Spannungen in Kirkuk verantwortlich gemacht. Denn in der Kirkuk-Frage hat sie sich mit arabischen Nationalisten und Islamisten verbündet, obwohl die Kurden konkrete Pläne vorgelegt haben, die den Turkmenen, Arabern und dem Volk der Assyro-Chaldäer in den Regionen, in denen sie die Mehrheit bilden, eine Autonomie ermöglichen.

Im irakischen Parlament, das im Januar 2005 gewählt wurde, sind zehn Turkmenen vertreten, von denen fünf auf der Liste der schiitischen Vereinigten Irakischen Allianz standen, einer auf der Liste der ITF, zwei auf der Liste der Demokratischen Allianz von Kurdistan und zwei auf anderen Listen. Die ITF spricht jedoch nur von fünf turkmenischen Parlamentsmitgliedern, unter ihnen ist der Anführer der ITF.