25.06.2010

"Die Bahà'ì im Iran- diffamiert und verfolgt"

Bericht zum Diskussions- und Filmabend

Bahaistern_Flickr_pourguoitesla

Göttingen, Victor-Gollancz-Haus

Das Podium bestand aus Foad Kazemzadeh, ehemaliges Mitglied des Nationalen Geistigen Rates der Bahá’í in Deutschland, Irina Wiessner, Vorstandsmitglied der GfbV und Dr. Kamal Sido, Nahost-Referent der GfbV.

Nach der Begrüßung durch Irina Wiessner und Dr. Kamal Sido folgte die Vorführung des 25minütigen Films "100 Jahre Bahá’í-Gemeinde, eine Selbstdarstellung". Dieser behandelte die Geschichte der Bahá’í in Deutschland, vom Besuch Abdu’l-Bahás, dem Sohn des Stifters Bahá’u’lláh, im Jahr 1911 bis hin zur Erlangung des eigenständigen Rechtsstatus der Bahá’í in Deutschland nach der Wende 1991. Weltweit gibt es etwa 7,7 Millionen Anhänger – ungefähr 5000 davon leben in Deutschland. Den Mittelpunkt der Religion stellt die mystische Beziehung eines jeden Menschen zu Gott dar. Gesellschaftlich sind die Bahá’í global orientiert. Das Ziel ist eine Gesamtgesellschaft, die Krieg und soziale Ungerechtigkeit überwindet und zur gesellschaftlichen Gleichstellung von Mann und Frau findet.

Dieser durchwegs positiven Darstellung zur Situation der Bahá’í folgte ein ausführlicher Bericht von Foad Kazemzadeh über die schwierige Lage der Religionsgemeinschaft im Iran, wo eine systematische Unterdrückung stattfindet.

Bereits seit Anbeginn wurde die Bahá’í-Religion, die im 19. Jahrhundert von Bahá’u’lláh aus dem schiitischen Islam heraus gestiftet wurde, Unterdrückung und Verfolgung ausgesetzt. Zu jener Zeit besaß der König im Iran uneingeschränkte Macht, war aber gleichzeitig auf die islamische Geistlichkeit angewiesen. Diese gewann unter den Qadjaran-Königen zunehmend an Macht und mischte sich auch vermehrt in weltliche Belange ein. Als Ziel sowohl von geistlicher als auch von weltlicher Seite galt es schließlich, die neu entstandene Bahá’í-Religion, deren fortschrittlichen Ideen von den etablierten weltlichen und geistlichen Mächten als Herausforderung angesehen wurden, auszumerzen.

Diese Unterdrückung ist Teil der Bahá’í-Geschichte im Iran seit Anbeginn bis zur Gegenwart – selbst unter dem letzten Schah, der die Macht der Mullahs beschneiden wollte. So gab es beispielsweise in den 1950er Jahren eine von der Geistlichkeit betriebenen Radiokampagne, aus der die Schließung und Enteignung des Bahá’í-Zentrums in Teheran resultierte. Seit der Revolution und Gründung der islamischen Republik im Jahr 1979 wird die Verfolgung der Bahá’í systematisch, umfassend und unter Beteiligung des Staatsapparats betrieben. Manifestierte sich diese zunächst in einer offenen direkten Denunzierung von Mitgliedern der Gemeinde bis zu deren Hinrichtung in mehr als 200 Fällen –, so verschiebt sich mittlerweile der Schwerpunkt auf eine Hetz-Propaganda durch Massenmedien als Begleiterscheinung von Maßnahmen, die das Leben der Bahá’í in allen Belangen erschweren sollen. Das sog. Golpaygani-Dekret aus dem Jahre 1991 schließlich weist die von höchster geistlich-politischer Ebene abgesegnete Richtung für die Unterdrückung der Bahà’i im Iran. Danach sollen die Entwicklungsmöglichkeiten der Bahá’í beschnitten und die kulturellen Wurzeln der Religionsgemeinschaft auch im Ausland systematisch zerstört werden. So wird beispielsweise im Zuge des Dekrets den Bahá’í jegliche Chance genommen, ein Hochschul-Studium aufzunehmen bzw. abzuschließen. Aufgrund des Aufschreis im In- und Ausland wurden einige Studenten dann doch aufgenommen, später aber wieder von der Universität verwiesen. Der Amtsantritt des iranischen Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad 2005 hat zu einer zusätzlichen Verschärfung der Lage für die Bahà’i geführt. Seit Mai 2008 befindet sich die gesamte Führung der Bahà’i-Gemeinde im Iran unter unerträglichen Bedingungen in Untersuchungshaft. Im ganzen Land gibt es etwa 300.000 Bahà’i.

Kazemzadeh schloss seinen Redebeitrag mit dem Appell, dem Bemühen der Gesellschaft für bedrohte Völker, die Emanzipation der Bahà’i voranzutreiben, sollten sich möglichst viele Menschen anschließen. Seinem Dank an die GfbV folgten Kamal Sidos Begriffserklärungen und dessen Aufruf ans Publikum, Fragen zu stellen.

 

Fotos von dem Abend finden Sie hier:

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