19.04.2005

Deutschland soll Genozid an Armeniern offiziell anerkennen

89. Jahrestag des Völkermordes an den Armeniern (24.04.)

Am Vortag des 89. Jahrestages des Völkermordes an 1,5 Millionen Armeniern in der Türkei hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Freitag an die Bundestagsfraktionen appelliert, dem Beispiel von bisher 14 Staaten zu folgen und diesen Genozid 1915 bis 1918 offiziell anzuerkennen. Diese Anerkennung, erklärte der GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch, dürfe nicht daran scheitern, dass Deutschland nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur dpa mit einem Jahresvolumen von über 14 Milliarden Euro wichtigster Handelspartner der Türkei ist. Außenminister Joschka Fischer habe am Donnerstag vor dem Genozidmahnmal in Zizernakaberd in Armenien einen Kranz niedergelegt. Doch reiche diese Geste allein nicht aus, um die Enttäuschung über die Ablehnung einer von der GfbV initiierten Massenpetition zur Anerkennung des Völkermordes im Oktober 2001 durch den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu mildern. Die Petition war von international führenden Vertretern der Genozidforschung, darunter Prof. Yahuda Bauer sowie Prof. Israel Chamy (beide Jerusalem) unterstützt worden. In Deutschland beteiligte sich unter anderen der Autor und Regisseur Ralph Giordano.

 

Während Offiziere des wilhelminischen Deutschen Reiches türkische an den Verbrechen beteiligte Truppen ausgebildet hatten, hatten namhafte deutsche Humanisten - unter ihnen der Gründer des Wandervogels Herman Hoffmann, der evangelische Theologe Dr. Johannes Lepsius, der später von den Nazis verfolgte Schriftsteller Dr. Armin T. Wegener und zahlreiche deutsche, in osmanischen Städten stationierte Diplomaten - gegen die Massaker protestiert und sie dokumentiert. "An diese unvergessenen Traditionen müssen die im Bundestag vertretenen Parteien anknüpfen", forderte die GfbV.

 

Der Genozid an den Armeniern ist anerkannt worden von:

 

Uruguay (Senat und Repräsentantenhaus, 20.04.1965), USA (Repräsentantenhaus, 09.04.1975), Zypern (Repräsentantenhaus, 29.04.1982), Argentinien (Senat, 05.05.1993), Russland (Staatsduma, 14.04.1995), Kanada (House of Commons, 23.04.1996), Griechenland (Parlament, 24.04.1996), Libanon (Abgeordnetenkammer, 03.04.1997), Belgien (26.03.1998), Frankreich (Nationalversammlung, 28.05.1998), Schweden (Parlament, 29.03.2000), Libanon (Parlament, 11.05.2000), Frankreich (Senat, 07.11.2000), Vatikan Stadt (10.11.2000), Italien (Abgeordnetenkammer, 16.11.2000), Frankreich (vom Präsidenten unterzeichnetes Gesetz, 29.01.2001), Kanada (Senat, 13.06.2002) und Schweiz (Nationalrat, 16. Dezember 2003).

 

Das Europäische Parlament hat zweifach die Anerkennung des Genozids durch die Regierung der Republik Türkei zur Voraussetzung für den EU-Beitritt der Türkei erhoben (Resolution vom 18.06.1987 und 15.11.2001) und am 28. Februar 2002 in einem weiteren Beschluss die Türkei zur Einhaltung dieser Auflage aufgerufen.