07.06.2011

Der deutsche Staatsangehörige kurdischer Abstammung darf das Land jedoch nicht verlassen

Syrien: Ismail Abdi ist frei!

Der deutsche Staatsangehörige kurdischer Abstammung Ismail Abdi ist am 30. März 2011 aus der syrischen Haft entlassen worden. Er darf vorerst Syrien nicht verlassen. Am 18. April sollte sein Gerichtsverfahren vor dem Militärgericht in Damaskus beginnen, jedoch wurde er bisher immer wieder verschoben, so dass Abdi noch immer in Syrien festsitzt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hatte sich mit Briefen an Bundestagsabgeordnete sowie Demonstrationen und Kundgebungen vor der syrischen Botschaft in Berlin für die Freilassung des Menschenrechtlers eingesetzt.

Abdi war im August 2010 bei einem Familienbesuch in Syrien festgenommen worden. Mehrere Wochen lang blieb sein Aufenthaltsort unbekannt. Seine Familie hatte keinen Kontakt zu ihm, musste aber befürchten, dass es ihm physisch und psychisch schlecht erging. Wegen gesundheitlicher Probleme ist Abdi auf Medikamente angewiesen, die er bei seiner Festnahme nicht bei sich hatte. Auch das Auswärtige Amt erhielt keine Informationen über seinen Verbleib - unter anderem, weil Abdi nicht nur eine deutsche, sondern immer noch eine syrische Staatsbürgerschaft hat. Erst Anfang Oktober 2010 wurde bekannt, dass Abdi ins Adra-Gefängnis in der Nähe von Damaskus gebracht worden war.

Die syrische Justiz kriminalisiert jede Art des regimekritischen Engagements

Wegen seiner Menschenrechtsarbeit als Vorsitzender der deutschen Zweigstelle des "Komitees zur Verteidigung der demokratischen Freiheiten und der Menschenrechte in Syrien", im Rahmen derer er auch die GfbV immer wieder über die Menschenrechtslage in Syrien informierte, war er angeklagt worden, gegen die Artikel 287 und 288 des Strafgesetzbuches verstoßen zu haben. Darin heißt es: Artikel 287 1: "Jeder Syrer, der im Ausland wissentlich falsche oder übertriebene Informationen verbreitet, die dem Ansehen des Staates oder dessen finanzieller Position schaden, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter sechs Monaten und einer Geldstrafe von einhundert bis fünfhundert Lira bestraft. (…)" Artikel 288 1: "Wer ohne Erlaubnis der Regierung in Syrien einem gesellschaftlichen Verein mit internationalem Charakter?politischen oder oder einer Organisation dieser Art beitritt, wird mit Freiheitsstrafe oder Zwangsaufenthalt von drei Monaten bis zu drei Jahren und mit einer Geldstrafe von einhundert bis zweihundertfünfzig Lira bestraft. 2. Nimmt der Täter in dem betreffenden Verein oder der betreffenden Organisation eine praktische Aufgabe wahr, betragen die Freiheitsstrafe oder der Zwangsaufenthalt mindestens ein Jahr und die Geldstrafe liegt nicht unter einhundert Lira."

Diese Artikel sind nur zwei Beispiele, wie Syrien Kritik im In- und Ausland gesetzlich zu unterbinden versucht. Die syrische Justiz kriminalisiert jede Art des regimekritischen Engagements. Offiziell gilt in der Arabischen Republik seit 1963 der Ausnahmezustand. Dadurch ist auch der Schutz durch viele rechtsstaatliche Mechanismen außer Kraft gesetzt.