29.06.2006

Darfur braucht Hilfe-jetzt!

Javier Solana

Javier Solana - Foto: UN

(aus der Berliner Zeitung vom 27.05.06)
Die leidgeprüfte Bevölkerung von Darfur braucht Hilfe. Nicht nächste Woche oder nächsten Monat, sondern jetzt. Die Gewalt, die die zivile Bevölkerung seit langem in Angst und Schrecken versetzt hat, hält an. Es gibt weiterhin extreme Menschenrechtsverletzungen. Hilfe gelangt nur unter ungeheuren Schwierigkeiten vor Ort. Die Folge ist, dass die humanitäre Situation die schlimmste der Erde ist. Schlimmer noch: Der Krieg in Darfur droht sich auf die gesamte Region auszuweiten. Schon hat er den Tschad erfasst. Klar ist: Diese humanitäre und politische Krise ist inakzeptabel. Nichts zu tun ist keine Option. Das ist der Grund, warum sich die Europäische Union so stark engagiert, um eine Lösung für die Krise in Darfur zu finden. Darfur ist eine Priorität für Europa und wird es bleiben, bis die Gewalt aufhört und die Flüchtlinge und Vertriebenen nach Hause zurückkehren können. Aber wir wissen auch, dass afrikanische Länder führen müssen. Auf sich allein gestellt, erreichen Europäer nicht viel. Was wir tun können, was wir tun, ist die afrikanischen Bemühungen politisch, finanzi-ell,logistisch und auf Weise zu helfen.

Seit Beginn des Konfliktes hat die EU die Anstrengungen der Afrikanischen Union (AU) unterstützt, die Lage vor Ort zu stabilisieren. Sie hat deren Einsatztruppe mit 212 Millionen Euro finanziert, afrikanische Soldaten ausgebildet, ausgerüstet und transportiert, und sie hat europäische Militärexperten und Polizisten in die Region geschickt.

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben enorme Ressourcen (über 800 Millionen Euro) für humanitäre Hilfe aufgewendet. Gemeinsam mit den USA hat Europa auch bei den Friedensverhandlungen in Abuja eine führende Rolle gespielt. Das Abkommen von Abuja ist eine gute Nachricht für die Frauen und Kinder von Darfur, die einzige gute Nachricht, die sie in drei Jahren hatten. Ihre Hoffnungen dürfen nicht enttäuscht werden.

Die Zeit ist kurz. Bald beginnt die Regenzeit, und davor muss die Sicherheit wiederhergestellt, müssen die humanitären Güter ausgeliefert werden. Die EU hat deswegen drei Prioritäten gesetzt: Erstens: Wir müssen die, die das Friedensabkornmen noch nicht unterzeichnet haben, davon überzeugen, das bis zum 31. Mai zu tun. Das ist die Frist, die die AU gesetzt hat. Unsere Botschaft an die zögernden Rebellengruppen ist, dass die Zeit für Versöhnung und Frieden gekommen ist. Zweitens: Wir müssen der sudanesischen Regierung klarmachen, dass das Abuja-Abkommen schnellstens den Weg für die Stationierung einer UN-Friedenstruppe frei machen sollte. Ausmaß und Ernst der Lage gebieten, von der AU-Truppe zu einer gut ausgerüsteten und mit robustem Mandat versehenen UN-Truppe überzugehen. Drittens: In Erwartung der Blauhelme werden wir die AU in Darfur weiterhin unterstützen. Europa wird zusätzliche Hilfe bereitstellen.

Sudan, ein Land mit einer reichen Geschichte und mit einer multiethnischen Bevölkerung, hat eine Chance, zu einer Brücke zwischen Afrika und der arabischen Welt zu werden. Wir haben im Südsudan gesehen, dass Frieden zwar schwierig, aber möglich ist. Jetzt ist Darfur an der Reihe. Das sudanesische Volk, das jetzt zu Frieden und Versöhnung aufbricht, wird die EU an seiner Seite finden.

Der Autor ist ist EU-Beauftragter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.