19.06.2005

Christenverfolgung im Irak

Systematischer Terror gegen Assyro-Chaldäer

Daniel und Hekmat arbeiteten in einem Restaurant in Mosul. Die beiden jungen irakischen Christen wurden bei einem Überfall auf das Lokal am 7. Oktober verschleppt, und schon am nächsten Tag fand man ihre Körper: Enthauptet. Wenige Tage zuvor war eine Delegation der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Arbil, der Hauptstadt Irakisch-Kurdistans im Norden des Landes, darüber informiert worden, dass drei weitere junge Assyro-Chaldäer im nahen Mosul ebenfalls enthauptet und sieben christliche Kellner erschossen worden waren. In der Stadt kursierten danach CDs mit Bildern der Bluttaten und Flugblätter mit Drohungen gegen christliche Geschäftsleute: Die Damenfriseure sollten schließen und alkoholische Getränke dürften nicht mehr verkauft werden, weil dies gegen islamische Sitten und Gebräuche verstoße. Jedem, der sich nicht daran halte, drohe dasselbe Schicksal wie Daniel und Hekmat. 110 Christen wurden seit dem offiziellen Kriegsende im Frühjahr 2003 von radikalen Islamisten ermordet. Diese traurige Bilanz zogen Repräsentanten christlicher Verbände im Nordirak in einem Gespräch mit GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch.

Fluchtwelle: Zehntausende Christen verlassen den Irak

Bestürzt muss die GfbV zur Kenntnis nehmen, dass nach verschiedenen Angaben bereits zwischen 30.000 und 70.000 Assyro-Chaldäer aus dem Irak geflohen sind. Die irakische Stadt Basra ist schon "christenrein". Dort hat der islamistische Terror sein Ziel erreicht. Tausende christliche Flüchtlinge halten sich in Jordanien auf. Viele von ihnen wollen in den Westen emigrieren – nach Australien, Kanada, in die USA oder nach Europa. Etwa 10.000 Flüchtlinge sind in Syrien. Sie suchten entweder in den christlichen Vierteln von Damaskus oder in den überwiegend von Kurden, aber auch von Assyro-Chaldäern besiedelten Gegenden im Norden Unterschlupf. Tausende sind zu ihren Verwandten in Städte und Dörfer Irakisch-Kurdistans geflüchtet.

Bomben gegen Kircchen

Der Terror arabischer Islamisten richtet sich systematisch auch gegen die Kirchen aller christlichen Konfessionen. So detonierten Anfang August Sprengsätze vor vier Kirchen in Bagdad und einer Kirche in Mosul. Es gab zwölf Tote und 61 Verletzte. Im September wurde wieder ein Anschlag auf eine Kirche in der irakischen Hauptstadt verübt, und am 16. Oktober wurden in fünf Kirchen in vier Stadtteilen Bagdads Bomben gezündet. Dadurch wurden die Kirchen St. Joseph und St. Paulus in Doura, die St. Joseph-Kirche im Westen der Stadt, die orthodoxe Kirche in Karada und Fluchtwelle: Zehntausende Christen verlassen den Irak. Bestürzt muss die GfbV zur Kenntnis nehmen, dass nach verschiedenen Angaben bereits zwischen 30.000 und 70.000 Assyro-Chaldäer aus dem Irak geflohen sind. Die irakische Stadt Basra ist schon "christenrein". Dort hat der islamistische Terror sein Ziel erreicht. Tausende christliche Flüchtlinge halten sich in Jordanien auf. Viele von ihnen wollen in den Westen emigrieren – nach Australien, Kanada, in die USA oder nach Europa. Etwa 10.000 Flüchtlinge sind in Syrien. Sie suchten entweder in den christlichen Vierteln von Damaskus oder in den überwiegendvon Kurden, aber auch von Assyro-Chaldäern besiedelten Gegenden im Norden Unterschlupf. Tausende sind zu ihren Verwandten in Städte und Dörfer Irakisch-Kurdistans geflüchtet. die Thomaskirche in Al Mansour ganz oder teilweise zerstört.

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Die Botschaft der Terroristen ist bei den 600.000 bis 800.000 irakischen Christen angekommen. Sie fühlen sich in ihrer großen Mehrheit kollektiv bedroht und wissen, dass sie in großen Teilen ihres Heimatlandes kaum noch eine Zukunft haben. Im Zentral- und Süd-Irak können sich Frauen und Töchter der Assyro-Chaldäer nicht mehr unverschleiert auf die Straßen wagen. Mit den assyro-chaldäischen Christen werden auch die kleineren christlichen Gemeinschaften wie die Armenier und sogar die ebenfalls monotheistischen 50.000 Mandäer, eine uralte Gemeinschaft im Irak und Anhänger des Propheten Johannes des Täufers, blutig verfolgt. Überall herrschen Angst und Schrecken. Ruhe und Sicherheit finden die Menschen nur noch im irakischen Kurdistan.

Geschichte

Christentum im Zweistromland: Das ursprüngliche Siedlungsgebiet der assyro-chaldäischen Christen umfasst Mesopotamien, das Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris bis nach Kamishli in Syrien sowie Teile des Berglandes im heutigen Irak und der Türkei. Im Iran befanden sich Siedlungen der Assyro-Chaldäer sogar am Urmia-See. Sie sehen sich als Nachkommen der ursprünglichen Bewohner dieser Region und führen sich auf Aramäer, Assyrer und Chaldäer zurück.

Sprache Jesu: Die Assyro-Chaldäer sind die wohl älteste Christengemeinde des Nahen Ostens. Ihre Muttersprache ist noch heute die Sprache Jesu, das Aramäische, in einer modernen Form. Die Assyro-Chaldäer gehören fünf christlichen Konfessionen an: der Alten Apostolischen Kirche des Ostens (Nestorianer), der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochia (Jakobiten), der mit Rom unierten Chaldäischen Kirche, der ebenfalls mit Rom unierten Syrisch-Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche. Das Alt-Aramäische ist bis heute Liturgie- und Theologiesprache dieser Konfessionen.

Opfer des Völkermordes unter Saddam Hussein

Jetzt werden die Massengräber im Irak geöffnet. So werden immer mehr der etwa 180.000 kurdischen, aber auch der assyro-chaldäischen Opfer der irakischen Anfal-Offensive 1987/88 gefunden. "Ich habe so etwas noch nie gesehen", sagt Greg Kehoe, Leiter des Regime Crime Liaison Office. "Hier wurden Frauen und Kinder zu Hunderten ohne erkennbaren Grund hingerichtet. Die Knochen einer Kinderhand sind noch um einen Ball gekrümmt. Knöchelchen so dünn wie Streichhölzer zeugen davon, dass manche der ermordeten Frauen schwanger waren." 1968 hatte mit dem Machtantritt der Baath-Partei von Saddam Hussein auch für die Assyro-Chaldäer in ihrer alten Heimat im Nordirak eine furchtbare Leidenszeit begonnen. Gemeinsam mit der kurdischen Bevölkerung durchlitten sie Widerstand, Verfolgung und Vernichtung. Sie flüchteten mit den Kurden in die Berge, 2.000 von ihnen wurden Opfer der Giftgasangriffe der irakischen Armee. Assyro-Chaldäer wurden in Internierungslager deportiert oder bei Massenerschießungen liquidiert. Etwa 200 assyro-chaldäische Dörfer sowie 150 Kirchen und Klöster wurden systematisch von der irakischen Armee zerstört. In den Jahrzehnten unter dem irakischen Diktator verließen Hunderttausende den Nordirak, siedelten sich in den Großstädten des Südens an oder entkamen ins westliche Ausland.{bild2}

Seit über 30 Jahren: Einsatz für Christen und Kurden im Nahen Osten

Die GfbV hat bereits seit 1970 große Anstrengungen für die Durchsetzung der Menschenrechte der Kurden und assyro-chaldäischen Christen in den Ländern des Nahen Ostens unternommen. Von intensiver Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, der Publikation von Reporten, Dokumentationen über ungezählte, doch häufig Aufsehen erregende Menschenrechtsaktionen, Konferenzen und politische Lobbyarbeit bis hin zum Wiederaufbau zerstörter Dörfer und lebensrettender Notversorgung hungernder Flüchtlinge in den Bergen an der Grenze zur Türkei reichte unser Einsatz, den die GfbV in einer 100-seitigen Broschüre dokumentiert hat.

Die assyro-chaldäischen Christen aus dem Irak brauchen Unterstützung!

So können Sie helfen:

     

  • Bitte schicken Sie die Postkarte an den EU-Ratsvorsitzenden, Ministerpräsident Dr. Jan Pieter Balkenende, und bitten Sie ihn so um Hilfe für die Christen im Irak. Die EU soll für die assyrochaldäischen Flüchtlinge in Irakisch-Kurdistan Eingliederungshilfen bereit stellen.{bild3}

  • Bitte spenden Sie, damit die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ihre Menschenrechtsarbeit für die Christen im Irak fortsetzen kann!