20.04.2005

Chinas langer Arm in deutscher Politik

Wirtschaftsminister Clement sagt Taiwan-Besuch auf Druck Chinas ab

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Montag der deutschen Bundesregierung vorgeworfen, sich ihre Asien-Politik von der Volksrepublik China diktieren zu lassen. "Es ist beschämend, wie wenig Rückgrat Berlin bei der Durchsetzung deutscher Interessen gegenüber Chinas Machthabern zeigt", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Mit der Absage des Taiwan-Besuches des Bundeswirtschaftsministers macht Berlin innerhalb von drei Monaten den dritten Kotau vor Chinas Machthabern. Es ist skandalös, dass ein demokratischer Staat wie Taiwan abgestraft wird, während aus reiner Machtpolitik Chinas kommunistische Machthaber hofiert werden".

 

Am Sonntag war bekannt geworden, dass Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement einen geplanten Besuch in Taiwan auf Druck des chinesischen Botschafters in Berlin absagte. "Die Entscheidung des Wirtschaftsministers ist bedenklich, weil sie deutlich macht, dass in der Berliner China-Politik die Förderung von Demokratie und Menschenrechten eine immer geringere Bedeutung hat", kritisierte Delius. Zum dritten Mal gebe Berlin nun schon dem Drängen Pekings nach. So habe die Bundesregierung im Dezember 2004 dem langen Drängen Pekings nachgegeben und Ermittler des Bundeskriminalamts angewiesen, in der Volksrepublik haltlosen Terrorismus-Vorwürfen gegen in Deutschland lebende Angehörige der verfolgten uigurischen Minderheit nachzugehen. Auch habe der Bundeskanzler mit seiner Bekräftigung, das EU-Waffenembargo gegen China müsse möglichst bald aufgehoben werden, die katastrophale Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik ignoriert und der Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in China einen Bärendienst erwiesen

 

"Die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers ist umso unverständlicher, da Taiwan für die deutsche Wirtschaft von großer Bedeutung ist", erklärte Delius. Taiwan ist der drittwichtigste Handelspartner der EU in Asien mit einem bilateralen jährlichen Handelsumfang von 37 Milliarden Euro. Zwar unterhalten Deutschland und die übrigen EU-Staaten auf Druck der Volksrepublik China keine diplomatischen Beziehungen mit der Insel, doch verfügen die Europäer seit März 2003 über ein "Europäisches Wirtschafts- und Handels-Büro" in Taiwan.