24.08.2009

China will 200 uigurische Demonstranten in dieser Woche vor Gericht stellen - Uiguren droht Welle von Todesurteilen - China braucht neue Minderheitenpolitik!

Xinjiang:

Vor einer neuen Welle von Todesurteilen gegen muslimische Uiguren im

Nordwesten Chinas hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am

Montag gewarnt. "Statt die Ursachen der Proteste und der Gewalt in der

Unruheregion Xinjiang (Ostturkestan) zu hinterfragen, werden Chinas

Behörden mit neuen Unrechtsprozessen den Kreislauf der Gewalt nur noch

weiter anfachen", befürchtet der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. In dieser

Woche sollen sich 200 uigurische Demonstranten vor Gericht verantworten,

weil sie sich Anfang Juli 2009 an den gewaltsamen Auseinandersetzungen

mit Han-Chinesen in ihrer Provinz beteiligt haben sollen. Dabei sollen nach

offiziellen Angaben 197 Menschen getötet und mehr als 1600 Personen

verletzt worden sein. Mehr als 2.240 Uiguren wurden den Behörden zufolge

verhaftet. Die tatsächliche Zahl der Opfer sowie der Festgenommenen ist

nach Auffassung der GfbV jedoch deutlich höher. Darauf deuteten Berichte

von Angehörigen Verschwundener hin.

 

Es sei selbstverständlich, dass Uiguren und Han-Chinesen, die bei den

jüngsten Unruhen Menschen verletzt oder getötet hätten, juristisch zur

Rechenschaft gezogen werden, sagte Delius. Doch ursprünglich sei der

Protest der Minderheit friedlich gewesen. Erst das gewaltsame Vorgehen

von Bereitschaftspolizisten habe die Proteste eskalieren lassen. "Chinas

Gerichte in Xinjiang werden zur Willkürjustiz, wenn sie nicht auch die

Sicherheitskräfte für ihre Verantwortung für das blutige Ende der Proteste

zur Rechenschaft ziehen."

 

China stünde mit seiner Minderheitenpolitik nicht nur in Xinjiang, sondern

auch in Tibet vor einem Scherbenhaufen. Dringend müsse Peking

umdenken, um weitere Ausschreitungen zwischen Han-Chinesen und den

"Minderheiten" zu verhindern. Solange China sich weigere, die offiziell

bestehende Autonomie Xinjiangs und Tibets tatsächlich zuzulassen, werde

es neue Auseinandersetzungen in beiden Regionen geben. Außerdem

würden mit der staatlich geförderten Zuwanderung von Han-Chinesen die

Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen im Nordwesten des

Landes ständig weiter geschürt. Solange die chinesischen Behörden nicht

die Ursachen der Gewalt hinterfragten, seien neue Proteste und

Verhaftungen vorprogrammiert.

 

Keine andere ethnische "Minderheit" in China leide so sehr unter der

maßlosen Anwendung der Todesstrafe wie die Uiguren, kritisierte Delius. So

seien seit 1997 mehr als 700 Uiguren aus politischen Gründen zum Tode

verurteilt und hingerichtet worden. Chinesische und internationale

Rechtsgrundsätze seien in den Verfahren regelmäßig missachtet worden.

 

Ulrich Delius ist auch erreichbar unter u.delius@gfbv.de