04.05.2012

China: Massenverhaftung von Bittstellern aus Hamburgs Partnerstadt Schanghai

Tagelang in Geheimgefängnissen inhaftiert

Mehr als 700 Bittsteller aus Hamburgs Partnerstadt Schanghai sind bei Protesten in der chinesischen Hauptstadt Peking in der vergangenen Woche festgenommen worden. Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wurde erst jetzt bekannt, dass die Bittsteller bereits am 27. April 2012 inhaftiert und tagelang ohne Wissen ihrer Angehörigen in Geheimgefängnissen festgehalten wurden. Viele Verhaftete berichteten, in illegalen Haftzentren geschlagen worden zu sein. Die Inhaftierten kamen erst Tage später frei, nachdem rund 450 Festgenommene einen Hungerstreik begonnen hatten, um gegen ihre Haftbedingungen zu protestieren. „Die Bittsteller haben nur von ihren verfassungsmäßigen Rechten Gebrauch gemacht“, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. „Der schwerwiegende Zwischenfall zeigt, wie schlecht es um die Rechtssicherheit von Bürgern in Hamburgs chinesischer Partnerstadt steht.“

Ermutigt von Ankündigungen der Kommunistischen Partei, Korruption entschiedener zu bekämpfen, hatten sich die Bittsteller auf den Weg in die Hauptstadt gemacht, um dort Gerechtigkeit zu bekommen. Vergeblich hatten sie sich zuvor gegen Machtmissbrauch und Korruption lokaler Funktionäre in Schanghai oder gegen die Zerstörung ihrer Häuser aufgrund der Immobilienspekulation protestiert. Als sich die Bittsteller am vergangenen Freitag in die Warteschlange vor dem Staatlichen Büro für die Abgabe von Bittgesuchen eingereiht hatten, fuhren Dutzende Polizisten vor und zwangen sie, in Busse zu steigen. Mehr als 400 Petitionäre wurden nach Jiujingzhuang transportiert, 300 am Pekinger Süd-Bahnhof interniert. An der Bahnstation ist ein großes Geheimgefängnis eingerich-tet worden. Dort werden regelmäßig vor allem Bittsteller aus Schanghai illegal festgehalten.

Das chinesische Rechtssystem sieht den Weg der Beschwerde oder Bittgesuche ganz legal vor, doch die Sicherheitsbehörden gehen inzwischen immer rigider gegen enttäuschte Bürgerinnen und Bürger vor. „Chinas Staatsführung ist zurzeit äußerst nervös und hat angeordnet, sogar kleinste Ansammlungen von Menschen in Peking mit allen Mitteln zu verhindern, um jede Unruhe zu vermeiden“, berichtete Delius. Aufgrund von Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft der örtlichen Verwaltung, aber auch aufgrund des enormen städtebaulichen und sozialen Wandels in Schanghai gilt die Hafenstadt als ein Zentrum der Bittsteller.

Die GfbV und die Regionalgruppe Hamburg der Tibet Initiative Deutschland haben seit 2008 bereits zweimal umfassende Reporte zur Lage der Menschenrechte in Hamburgs Partnerstadt Schanghai veröffentlicht.