16.11.2016

Burma / Myanmar: Schon 86 Tote bei "Säuberungsaktionen" - Untersuchung gefordert

Eskalierender Rohingya-Konflikt gefährdet Burmas Demokratisierung (Pressemitteilung)

"Aung San Suu Kyis Strategie des Aussitzens rächt sich nun bitterlich." Foto: Violaine Martin via UN Photo

Nach blutigen „Säuberungsaktionen“ des Militärs mit bereits 86 Toten im nördlichen Rakhine-Staat in Burma (Myanmar) hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend mehr Transparenz und eine unabhängige internationale Untersuchung der Auseinandersetzungen gefordert. „Wenn Burmas Regierung jetzt nicht endlich handelt und sich ernsthaft und zügig um eine politische Lösung des Rohingya-Konflikts bemüht, droht das Land in einem neuen Bürgerkrieg zu versinken, der die Demokratisierung Burmas stoppen wird“, warnte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. „Aung San Suu Kyis Strategie des Aussitzens rächt sich nun bitterlich. Es besteht die große Gefahr, dass die Armee die Spannungen zwischen buddhistischen Rakhine und muslimischen Rohingya ausnutzt, um einen neuen bewaffneten Konflikt zu konstruieren, und so verhindert, dass noch mehr Macht an demokratisch gewählte Politiker übergeht.“

Im Rakhine-Staat sollen nach offiziellen Angaben allein seit Sonntag 17 Sicherheitskräfte und 69 Rohingya gewaltsam zu Tode gekommen sein. Während die Sicherheitskräfte von gezielten Angriffen bewaffneter Rohingya sprechen, berichten lokale Menschenrechtsgruppen von massiven Übergriffen von Soldaten auf unbewaffnete Rohingya und ihre Dörfer. Sie zählen namentlich mehr als 30 getötete Zivilisten auf. Seit Ausbruch der jüngsten Auseinandersetzungen am 9. Oktober 2016 starben nach offiziellen Angaben mindestens 102 Menschen. Damit gehören die aktuellen Ereignisse zu den blutigsten Gewaltausbrüchen seit der Eskalation der Spannungen zwischen Rakhine und Rohingya im Juni 2012.   

Rohingya-Zivilisten berichten aus dem Operationsgebiet der Armee von brutalen Übergriffen von Soldaten auf die Zivilbevölkerung und der willkürlichen Zerstörung hunderter Häuser. Selbst Kleinkinder würden nicht geschont. Frauen würden Opfer sexueller Übergriffe und Demütigungen durch die Sicherheitskräfte. Lokale Menschenrechtsgruppen dokumentieren die Namen ziviler Opfer in langen Listen.  Eine unabhängige Überprüfung der Angaben ist angesichts der restriktiven Informationspolitik der Behörden nicht möglich. 

Burmas Armee rechtfertigt den massiven Einsatz mit einer angeblichen Gefahr durch islamistische Milizen, die vermeintlich für die Rechte der in Burma verfolgten Rohingya-Minderheit kämpfen würden. „Seit Monaten reden Armee und buddhistische Nationalisten einen Kampf islamischer Rebellen herbei, um mehr Repression gegen Rohingya zu fordern. Wenn sie so weitermachen, wird es eine sich selbst erfüllende Vorhersage. So werden die staatenlosen Rohingya wieder einmal instrumentalisiert und leiden am meisten unter der Gewalt. Die Verantwortung für die Eskalation des Konflikts trifft Burmas Regierung, die alle Warnungen sträflich ignorierte“, erklärte Delius. 

Header Foto: Violaine Martin via UN Photo