10.07.2009

Bundesregierung soll 11. Juli zum Srebrenica-Gedenktag erklären – Menschenrechtler und Aktionskünstler erinnern an politisches Versagen 1995

Zum Gedenken an die 8 376 Opfer von Srebrenica

(Foto:GfbV)


Die deutsche Bundesregierung soll den 11. Juli zum Tag des Gedenkens an die 8.376 Opfer des Völkermordverbrechens in Srebrenica erklären. Diese Forderung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Samstag in Berlin während einer gemeinsam mit dem Aktionskünstler Philipp Ruch organisierten Gedenkveranstaltung vor dem Reichstagsgebäude erhoben. Der GfbV-Vorsitzende Tilman Zülch erinnerte daran, dass sich alle deutschen Parteien, CDU/CSU wie SPD, FDP, Grüne und PDS, während des Genozids in Bosnien geweigert hätten, einer rettenden militärischen Intervention zuzustimmen. Sie trügen deshalb Mitverantwortung für das Leid der bosnischen Muslime.

 

Bis auf wenige Ausnahmen hätten die meisten deutschen Politiker zugesehen, wie von serbischen Truppen abgeriegelten Städte und UN-Schutzzonen in Bosnien beschossen, die eingeschlossenen Einwohner von Heckenschützen terrorisiert, Tausende von muslimisch-bosnischen Frauen in Vergewaltigungslagern gequält und Zehntausende von Häftlingen in Konzentrations- und Internierungslagern zusammengedrängt wurden, kritisierte Zülch. Hunderttausende Bosnier wurden durch so genannte ethnische Säuberungen vertrieben oder mussten flüchten. Zu der Gedenkveranstaltung, hatte die GfbV Vertreter aller Parteien eingeladen und ein 60 Meter langes Transparent mit den Namen der Ermordeten von Srebrenica mitgebracht.

 

Deutschland müsse jetzt die Überlebenden unterstützen und mehr Druck auf Serbien ausüben, den Hauptkriegsverbrecher General Ratko Mladic an das Internationale Tribunal in Den Haag (ICTY) auszuliefern, forderte Zülch. Außerdem müsse sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Srebrenica innerhalb Bosniens einen politischen Sonderstatus erhalte und Rückkehr- sowie Wiederaufbauprojekte gezielt von Deutschland und der EU gefördert werden. Die Stadt Srebrenica und ihre umliegenden Dörfer, die sich heute im serbisch verwalteten Teil Bosniens befinden, seien in einem elenden Zustand.

 

Die Aktionskünstler inszenierten vor dem Reichstagsgebäude die Sitzung des UN-Krisenstabes am 10. Juli 1995. Damals wurde beschlossen, die UN-Schutzzone Srebrenica im Osten Bosniens widerstandslos den serbischen Truppen zu überlassen und keine UN-Truppen zur Verteidigung der Stadt einzusetzen. Der serbische General Ratko Mladic marschierte mit seinen Einheiten ein und ließ unter den Augen der Blauhelme 8376 bosnisch-muslimische Jungen und Männern ermorden, nachdem sie von den Frauen und Kindern getrennt worden waren. Ihre Leichen wurden in Massengräber geworfen. Um Spuren zu verwischen, wurden sie später oft mit Bulldozern wieder ausgegraben und in Zweit oder Drittgräbern verscharrt. Von den aus 275 Massengräbern im Drinatal exhumierten Opfern wurden bisher rund 6.200 identifiziert.

 

Die Srebrenica-Gedenkveranstaltung wurde unterstützt vom Islamischen Kulturzentrum der Bosniaken (IKB), dem Kultur- und Wissenschaftsnetzwerk (ZZI) und Südost Europa Kultur e.V.

 

Tilman Zülch ist in Berlin erreichbar unter politik@gfbv.de.