13.12.2006

Bootsbauprojekt der GfbV

Hintergrund des Projekts ist die bedrohte Situation der Angehörigen des Volkes der Itelmenen und der Korjaken, die von Arbeitslosigkeit und fortschreitender Armut betroffen sind. Zunehmende Unterernährung, Krankheiten wie Tuberkulose sowie eine hohe Sterblichkeit und eine steigende Selbstmordrate sind die Alarmzeichen.

Durch die Wiederaufnahme traditioneller kommunaler Wirtschaftsmethoden sollte die Fähigkeit der Gemeinschaften dieser indigenen Völker gestärkt werden, aus eigener Kraft zu überleben. Dabei sollten Fischereimethoden angewandt werden, die die ökologischen Zusammenhänge respektieren. Doch dies erschien nur möglich, wenn auch die technischen Voraussetzungen für eine Intensivierung des Fischfangs nach traditionellen Methoden geschaffen werden. Mit Hilfe der Norddeutschen Umweltlotterie Bingo! konnte die Gesellschaft für bedrohte Völker insgesamt zehn Fischerboote mit Außenbootmotor für Fischfang in den Flüssen und Küstengewässern des Ochotkischen Meeres bauen. Im Jahr 2005 wurden drei Boote durch Unwettereinflüsse zerstört. Menschen kamen dabei nicht zu Schaden, die zerstörten Boote konnten mit den bereits erwirtschafteten Rücklagen aus dem Fischfang ersetzt werden

Nutznießer des Projekts sollten 420 Angehörige der Indigenen des Dorfes Kovran sein; indirekt sollten 4.500 Menschen am Einkommenszuwachs partizipieren.

Für die Gemeinde Kovran ist das Projekt ein voller Erfolg. Der Fischfang konnte bereits im Sommer 2004 gesteigert werden. In 2005 konnte erstmals die staatlich festgesetzte Fischfangquote voll ausgenutzt werden. Es wurden 20 Arbeitsplätze für Fischer geschaffen. Außerdem wurden 117 bedürftigen Familien 15 t Fisch für die Ernährung unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Der Kindergarten wurde mit Fisch und mit Brennholz versorgt, außerdem wurden Materialen im Wert von ca. 400 Euro für die Betreuung angeschafft. Die Fischer wurden an Tagen, an denen aufgrund der Witterung nicht gearbeitet werden konnte, zu Ausbesserungsarbeiten an öffentlichen Gebäuden und Wegen im Dorf eingesetzt und dafür aus den Erlösen der Fischerei bezahlt. Das Selbstbewusstsein der Gemeindemitglieder hat sich verbessert der Rücklagen könnte bis zum Jahresende eine Kreditzusage erfolgen. Das Projekt hat erheblich dazu beigetragen, dass die Stammesgemeinde Kovral Vertrauen in die eigene Fähigkeit entwickeln konnte, die Situation ihrer Familien zu verbessern. Die Fischer können ihrem Beruf nachgehen, ohne dass ihre Familien täglich um ihre Sicherheit fürchten müssen. Der gemeinsame Bau der Boote hat das Gemeindeleben belebt und die Qualifikationen der Arbeitskräfte erhöht. Die Fischer fühlen sich für den Erhalt der selbst gebauten Boote verantwortlich und sind nach der Anleitung durch die Fachkräfte während des Baus besser als zuvor in der Lage, ihre Boote zu warten und zu reparieren.

Sehr erfreulich ist auch ein Projekt für Jugendliche, das in die Zukunft weist: Im kommenden Jahr sollen fünf Jugendliche im traditionellen und im modernen Fischfang ausgebildet werden. Dazu wurde an der regionalen Internatsschule ein Wettbewerb ausgeschrieben. Die Bewerber müssen:

• gute Leistungen in der Schule erbringen

• sportlich sein, keinen Alkohol trinken

• möglichst zur indigenen Bevölkerung gehören

• schriftlich darlegen, warum sie sich für den Beruf bewerben

Die Fischer wollen dadurch den Jugendlichen eine Perspektive geben, deren eigene kulturelle Identität stärken und der Landflucht entgegen wirken.

Als Nebeneffekt kann erwähnt werden, dass die Fischer in Kovran, die inzwischen nicht mehr akut Hunger leiden, sich mit anderen dringlichen Problemen auf ihrem Land beschäftigen können. So haben sie Anhörungen über die Förderung von Erdöl auf ihrem Territorium vorbereitet, die in diesen Wochen im Herbst 2006 stattfinden.