05.02.2010

Bitte helfen Sie, das politische Asyl für Jovan Mirilo durchzusetzen!

Appell an die österreichische Bundesregierung, Parteien und Parlamentarier:


Sehr geehrte Damen und Herren,

 

mit Bestürzung hat unsere internationale Menschenrechtsorganisation die Zurückweisung des politischen Asyls von Jovan Mirilo zur Kenntnis genommen, jenes Mannes, der den Mut hatte, einen Film über den Massenmord in Srebrenica weltöffentlich zu machen.

 

In Deutschland und Österreich ehren wir bis heute alle jene, die Widerstand gegen das nationalsozialistische Schreckensregime geleistet haben und gedenken der Opfer.

 

Als in Bosnien-Herzegowina, mitten in Europa, wieder Völkermord verübt wurde, von serbischen Truppen, an bosnischen Muslimen, waren große Teile der Bevölkerung - vor allem in Mitteleuropa - betroffen, erregt und entsetzt, dass keine Hilfe kam. Manche mögen schon verdrängt haben, was damals geschah. Deshalb füge ich diesem offenen Brief einige Fakten zum Genozid in Bosnien an.

 

Für die Gesellschaft für bedrohte Völker International habe ich diese Kriegs-verbrechen vom ersten Tage an dokumentiert und den ersten deutschsprachigen Band bereits Ende 1993 veröffentlicht. Der sogenannten Bassiouni-Kommission, der Vorläuferin des Den Haager Tribunals, hatten wir im Frühjahr desselben Jahres in New York bereits die erste Liste von etwa 25.000 Ermordeten und über 1.300 an Kriegsverbrechen Beteiligten übergeben. In den vergangenen Jahren war ich immer wieder bei Exhumierungen von Massengräbern zugegen.

 

Auch deshalb können wir den Mut und die Bedeutung des Engagements von Jovan Mirilo beurteilen und nicht genug hervorheben. Zehntausende bosnische Muslime sind Erschießungskommandos zum Opfer gefallen oder in den Lagern ermordet worden: Dank Mirilo existiert nun erstmals der internationalen Öffentlichkeit zugängliches Beweismaterial in Videoform.

 

Es kann auch bei diesen wie bei allen Kriegsverbrechen keine Kollektivschuld geben. Zahlreiche serbische Persönlichkeiten haben sich den Gräueltaten der Karadzic, Milosevic und Mladic in den Weg gestellt. Unter ihnen waren General Divjak, der Verteidiger Sarajevos, Mirko Pejanovic, der Präsident des serbischen Bürgerrates von Bosnien-Herzegowina, die Belgrader Menschenrechtlerinnen Sonja Biserko und Natasa Kandic, die "Frauen in Schwarz", das Helsinki-Komitee und viele Tausend Bürger Serbiens. Andererseits waren auch Tausende serbische Bosnier Opfer der Beschießung der bosnischen Hauptstadt.

 

Mit der traurigen und auch verantwortungslosen Zurückweisung des politischen Asyls für Jovan Mirilo nehmen die zuständigen österreichischen Behörden nicht nur dessen Tod in Kauf, sie diskreditieren auch damit das unvergessene und vielfältige Engagement von hunderttausenden Österreichern, unter ihnen auch Politiker und Parlamentarier, für die eingeschlossenen, bedrohten, verfolgten Bosniaken während des Krieges.

 

Wir bitten Sie alles zu tun, damit Jovan Mirilo als politischer Flüchtling in Österreich bleiben darf.

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Tilman Zülch

Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker International.

 

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