18.04.2005

Außenminister Fischer darf UN-Konvention gegen Völkermord nicht länger missachten

"Erlittenes Unrecht, ja nicht einmal Völkermord waren … ein zureichender Grund, um die westdeutsche Linke für den Kampf … eines unterdrückten Volkes zu mobilisieren. Wen kümmerte schon Biafra, wen die Ausrottung der südamerikanischen Indianer oder der jahrzehntelange Kampf der Kurden im Irak … wen die Vorgänge in Tibet?"

Fischer, Joschka in: "Von grüner Kraft und Herrlichkeit"

Rowohlt Reinbek 1984, S.14

 

Außenminister Joschka Fischer missachtet die UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes und gefährdet so das Leben Hunderttausender im Westsudan. Das hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Fischer am Montag vorgeworfen. "Als Außenminister eines Landes, von dem der Holocaust ausging, dessen östliche Hälfte Opfer des Stalinismus oder der Massenvertreibungen wurde, sollte Fischer konsequent gegenwärtigen Völkermord nicht leugnen weder im Westsudan noch in Tschetschenien", sagte Zülch. "Es ist beschämend, immer genau dann zu versagen, wenn Völkermord begangen wird und dann Jahre später wie im Falle Bosniens oder Ruandas das Versagen der "Weltgemeinschaft" zu beklagen." Fischer habe zwar schon vor Jahren die richtige Einsicht gezeigt, jedoch meist nicht die Zivilcourage aufgebracht, entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Mit seiner makabren Umschreibung, im Westsudan gäbe es eine "humanitäre Tragödie mit genozidalem Potential", trage Fischer dazu bei, eine Intervention von Friedenstruppen zur Beendigung des Völkermords zu verhindern.

 

Nach Untersuchungen der GfbV hat die Zahl der Todesopfer im Westsudan 120.000 erreicht. Auch andere Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder Ärzte ohne Grenzen, aber auch die amerikanische Regierung und der Präsidentschaftskandidat John Kerry haben bestätigt, dass Genozid vorliegt. In Tschetschenien sind seit 1994 etwa 160.000 Menschen ums Leben gekommen.

 

Die GfbV dankt ausdrücklich der Ministerin für Entwicklung und Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, die schon seit Monaten die Tatsachen beim Namen nennt und von einem "Völkermord in Zeitlupe" spricht.