14.09.2015
Türkei: Erneute Ausgangssperre in Cizre
Zivilisten sterben bei eskalierenden Auseinandersetzungen mit dem türkischen Militär (News)
Seit gestern Abend, 19 Uhr, gilt in der mehrheitlich kurdischen Stadt Cizîra Botan (Cizre) im Südosten der Türkei nach einem tödlichen Bombenanschlag und erneuten Schusswechseln wieder eine Ausgangssperre – nachdem eine erste Ausgangssperre erst am Samstag nach acht Tagen aufgehoben worden war. Für die mehr als 100.000 Einwohner der Stadt, die im Dreiländereck Türkei, Irak und Syrien liegt, kam die erneute Ausganssperre überraschend.
Das türkische Militär vermutet, dass sich PKK-Kämpfer in der Stadt aufhalten und will gezielt gegen sie vorgehen. Der türkische Innenminister Selami Altinok bestätigt diese Aussage. Alle Opfer seien PKK-Kämpfer und bei bewaffneten Auseinandersetzungen getötet wurden. Zivilisten wären, nach Angaben von Altinok, nicht zu Schaden gekommen. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu wiederum widersprach seinem Minister als er im Fernsehen zugab, dass ein Zivilist bei den Auseinandersetzungen getötet worden wäre. Augenzeugen berichten jedoch, dass während der ersten Ausgangssperre vom 4. bis 12. September 21 Zivilisten durch die Angriffe von türkischen Sicherheitskräften getötet worden seien. Insbesondere Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und die Bevölkerung in Cizîra Botan beschreiben gezielte Angriffe von türkischen Sicherheitskräfte und ihnen untergeordneten, auf Minaretten und anderen hohen Gebäuden postierten Scharfschützen auf Zivilisten. Außerdem mussten die Leichen der getöteten Zivilisten in Kühltruhen von Geschäften aufbewahrt werden, weil türkische Sicherheitskräfte Krankenwagen keine Erlaubnis erteilt hatten, die Toten zu bergen und ins Leichenhaus zu bringen. Nach Ende der ersten Ausgangssperre, konnten die Leichen von dreizehn getöteten Zivilisten am Sonntag beerdigt werden. Eine große Menschenmenge begleitete den Trauerzug.