08.07.2016

Am 11. Juli jährt sich das Massaker von Srebrenica zum 21. mal

Mehr Einsatz für das gespaltene Land gefordert! Bosnien-Herzegowina wartet dringend auf europäische Hilfe! (Pressemitteilung)

Friedhof des Massakers in Srebrenica Foto: Tamasvarga67 via Flickr

Am Vorabend des 21. Jahrestages der Massenexekution von über 8.000 bosniakischen Männern und Knaben im ostbosnischen Srebrenica (11. Juli 1995) hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mehr Einsatz für Bosnien-Herzegowina gefordert. „Dieses kriegszerstörte und ethnisch geteilte Land muss schnell in die Europäische Union aufgenommen werden“, erklärte der Präsident der GfbV International und Ehrenbürger von Sarajevo, Tilman Zülch, am Freitag in Göttingen. „Es ist skandalös, dass Bosnien so wenig Unterstützung des Westens bekommt. Europäische Regierungen haben dem ersten Krieg und Völkermord nach 1945 auf europäischem Boden 1992 bis 1995 tatenlos zugesehen oder die serbischen Kriegsverbrecher auf vielfältige Weise unterstützt. Bosnien war das größte Opfer des Zerfalls von Jugoslawien mit etwa zwei Millionen Vertriebenen, 150.000 Toten und mindestens 20.000 vergewaltigten Frauen. Serbische Truppen hatten Konzentrations- und Vergewaltigungslagern eingerichtet, wichtige islamische und katholische kulturelle Stätten zerstört.“

 

Bis jetzt wurden 6.377 Opfer des Massakers von Srebrenica auf dem Friedhof von Potocari beerdigt. Am Montag kommen 127 Opfer dazu, so dass dort dann insgesamt 6.504 Tote bestattet sind. Bis heute wurden die Überreste von insgesamt etwa 7.100 Srebrenica-Opfern exhumiert. Meist wurden nur Teile des Skeletts gefunden. 6.950 von ihnen wurden anhand von DNA-Proben identifiziert. Die Skelettteile von etwa 500 identifizierten Opfern liegen derzeit noch im Identifikationszentrum in Tuzla. Ihre Familien wollen noch immer warten, dass mehr sterbliche Überreste von ihren Angehörigen gefunden und beerdigt werden können.

Nach aktuellen Schätzungen leben in Srebrenica und Umgebung etwa 4.000 bosniakische Rückkehrer und ebenso viele Serben. Nur ein Teil der Rückkehrer ist dort auch gemeldet. Viele haben dies nicht getan, weil sie ihr Anrecht auf Krankenversicherung und Rente in der bosnischen Föderation nicht verlieren wollten. Nur wenige zurückgekehrte Bosniaken sind in den öffentlichen Institutionen der Stadt beschäftigt. In Schulen, dem Gericht und anderen öffentlichen Einrichtungen sind zahlreiche Serben aus Serbien angestellt, die jeden Tag nach Srebrenica pendeln. Vor dem Krieg hatte Srebrenica 37. 211 Einwohner, davon waren 74,8 Prozent Bosniaken und 25,2 Prozent bosnische Serben.

 

Nach Angaben der GfbV-Repräsentantin in Srebrenica, Hatidža Mehmedovic, ist die aktuelle Sicherheitssituation in Srebrenica wie auch in ganz Republika Srpska für die Rückkehrer angespannt. „Hunderte Verantwortliche sind auf freiem Fuß und üben wichtige Funktionen in den öffentlichen Ämtern aus. Einige bereits verurteilte Täter aus Srebrenica wurden inzwischen aus der Haft entlassen und sind feierlich in Srebrenica willkommen geheißen worden. Die Rückkehrer werden schikaniert, bedroht, eingeschüchtert. Viele von ihnen sehen keinen anderen Ausweg, als Srebrenica wieder zu verlassen“, erklärte Hatidža. Alle ihre Familienmitglieder wurden bei dem Srebrenica-Massaker ermordet.

 

Das Europaparlament hat mit einer Resolution das Genozidverbrechen von Srebrenica verurteilt und ganz Europa dazu aufgerufen, den 11. Juli zum Gedenktag zu erklären. Den überlebenden Opfern muss jedoch weiterhin geholfen werden - mit einem Sonderstatus für Srebrenica nach dem Beispiel des bosnischen Distriktes Brcko und der sofortigen Aufnahme in die EU. Bosnien und Herzegowina hat noch nicht einmal den Status eines EU-Beitrittskandidaten.


Header Foto: Tamasvarga67 via Flickr