04.06.2012

Alarmzeichen: Erfahrene Gesandte des Dalai Lama geben auf – Zuspitzung der Lage in Tibet überschattet Dialog mit China

Dialog zwischen China und Tibet in der Sackgasse

Als Alarmzeichen wertet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), dass zwei der besten tibetischen Diplomaten ihr Amt als Gesandte des Dalai Lama für Gespräche mit der Regierung Chinas aufgeben. Die tibetische Exilregierung hat am Sonntag den Rücktritt von Lodi Gyari und Kelsang Gyaltsen akzeptiert, die sich aus Enttäuschung über mangelnde Fortschritte im Dialog mit China zurückziehen wollen. Seit 2002 haben die beiden neun Gesprächsrunden mit Chinas Repräsentanten geführt. Alle verliefen ergebnislos.

„Der Rücktritt der beiden frustrierten Spitzendiplomaten ist so alarmierend, dass er in den Hauptstädten der Welt nicht übersehen werden darf“, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. „Die beiden Gesandten haben so deutlich gemacht, dass sich der von europäischen Regierungen so sehr geforderte Dialog zwischen Tibet und China in einer Sackgasse befindet und eine Eskalation des Konflikts in Tibet droht. Das zeigt schon die zunehmende Zahl der Selbstverbrennungen tibetischer Nonnen und Mönche. Europa muss China deshalb unbedingt zu einem glaubwürdigen Dialog mit der tibetischen Exilregierung drängen.“

Die abgetretenen Gesandten haben aus ihrer Enttäuschung über die unzureichende Verhandlungsbereitschaft Chinas keinen Hehl gemacht. Schon im April 2011 hatte Lodi Gyari um seine Entlassung gebeten, nachdem eine Verhandlungsrunde mit chinesischen Regierungsvertretern im Januar 2010 kein Ergebnis gebracht hatte. Damals hatte der Dalai Lama seinen Gesandten gebeten, die Verhandlungen fortzuführen, da Gyari als einer der erfahrensten tibetischen Diplomaten gilt.

„Der Tag der Entlassung der beiden Gesandten ist ein schwarzer Tag in der Geschichte des demokratischen Tibet“, sagte Delius. Denn Gyari und Gyaltsen verkörpern auch Jahrzehnte der diplomatischen Erfahrung und des Ringens mit chinesischer Regierungspolitik. „ Für die tibetische Exilregierung wird es schwer sein, diesen Verlust auszugleichen.“