27.09.2005

Afghanistan: Bundeswehr sollte Mandat zur Drogen-Bekämpfung bekommen

Bundestag berät in Sondersitzung am Mittwoch über Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr

Die Bundeswehr sollte in Afghanistan auch den Drogenanbau und Drogenhandel bekämpfen. Diese Forderung hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) anlässlich der für Mittwoch anberaumten Sondersitzung des Bundestages über den Afghanistan-Einsatz deutscher Soldaten erhoben. "Unter dem Schutz westlicher Soldaten hat sich Afghanistan seit dem Sturz der Taliban zum Drogenstaat entwickelt", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag. Gerade in den Gebieten, in denen westliche Soldaten stationiert seien, habe der Drogenanbau und -handel nach Recherchen der Vereinten Nationen entgegen dem Landestrend deutlich zugenommen.

 

Es entspreche weder deutschen noch afghanischen Interessen, wenn die Bundeswehr mit ihrem Wegschauen indirekt die Herrschaft der Warlords stärkt, die von den Drogengeschäften am meisten profitieren, sagte Delius. Deshalb müsse das Bundeswehrmandat endlich erweitert werden. Nicht die Taliban, sondern die Willkürherrschaft der Drogenbarone seien die größte Gefahr für Menschenrechte und Demokratie in Afghanistan. Mit ihrem unfreiwilligen Engagement an der Seite der Warlords stärke die Bundeswehr gerade diejenigen Kräfte, die kein Interesse an dem Aufbau eines funktionierenden Rechtsstaates und staatlicher Autorität haben und nur ihre Macht als Provinzfürsten festigen wollen. Der Einsatz der Bundeswehr soll nach dem Willen der Bundesregierung dazu beitragen, den Aufbau eines stabilen Staates zu fördern. Zwar hat sich nach Angaben des Direktors des UN-Büros für Drogen und Kriminalität, Antonio Maria Costa, die gesamte Opium-Anbaufläche in Afghanistan im Jahr 2004 von 131.000 Hektar auf 104.000 Hektar verringert. Doch die Opiumproduktion im Norden des Landes sei um 106 Prozent gestiegen. Dort sind Wiederaufbauteams der deutschen, britischen und niederländischen Armee stationiert. Der illegale Drogenhandel entwickle sich mit einem Gewinn von jährlich 2,8 Milliarden US-Dollars zum einträglichsten Wirtschaftszweig Afghanistans. Von dort kämen inzwischen 87 Prozent der weltweiten Opium-Produktion.

 

Die Provinz Kundus, in der ein Regionales Wiederaufbauteam (PRT) der Bundeswehr stationiert ist, ist eines der Umschlagzentren für den Drogenhandel nach Russland und Europa. Hier werden rund ein Drittel aller Drogenexporte abgewickelt. Die Provinz Badakhshan, in der sich in Faizabad ein weiteres Bundeswehrteam um den Wiederaufbau bemühe, zähle zu den vier Provinzen Afghanistans mit der größten Opiumproduktion. Rund 18 Prozent des afghanischen Opiums stammen von dort. In allen 32 Provinzen Afghanistans wird Opium produziert.