14.06.2005

57. Sitzung der UN-MRK / Item 15

Leonard Peltier

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) möchte den Fall von Leonard Peltier zur Sprache bringen, eines weltweit anerkannten Verteidigers der Menschenrechte und der Ureinwohnerrechte.

Mr. Peltier ist Lakota-Anishinabe und tritt Zeit seines Lebens für die traditionellen, kulturellen, bürgerlichen und Menschenrechte von Ureinwohnervölkern ein. Er verbüßt im US-Bundesgefängnis Leavenworth eine Strafe für ein Verbrechen, das er ganz offenkundig nicht begangen hat. Dadurch ist er zu einem weltbekannten Symbol für die Ungerechtigkeit insbesondere gegenüber indigenen Völkern geworden. Seine eigene Aussage zu seinem Fall ist in Dokument E/CN.4/1997/NGO/80 bereits niedergelegt.

Unseres Erachtens wird Leonard Peltier seit nunmehr 25 Jahren ungerechtfertigt in US-Bundesgefängnissen festgehalten. Die uns bekannten Fakten - die illegale Auslieferung, der unfaire Prozess sowie die abgewiesenen Wiederaufnahmeanträge, Anhörungen zum Zwecke der Freilassung auf Bewährung und Begnadigungsverfahren - haben unserer Auffassung nach ebenfalls gezeigt, dass Mr. Peltier nicht deshalb in Haft ist, weil er für ein Verbrechen büßen soll. Er ist aus politischen Gründen inhaftiert, weil er zu denjenigen Angehörigen indigener Völker in den USA gehört, die sich nicht unterwerfen wollen. Alle Mittel der US - Gesetzgebung, die Mr. Peltier Gerechtigkeit verschaffen sollten, wurden von der US - Staatsanwaltschaft und dem Federal Bureau of Investigation (FBI) blockiert.

Dokumente, die in Folge eines Verfahrens des Freedom of Information Act veröffentlicht wurden, haben nachgewiesen, dass die US-Staatsanwaltschaft und das FBI in Absprache mit der Staatsanwaltschaft Kanadas gefälschte Zeugenaussagen beschafft und vorgelegt haben, um von den kanadischen Behörden die Auslieferung mr. Peltiers zu erwirken. Mehrere Richter haben inzwischen vor Gericht die Art und Weise, wie diese Auslieferung von Statten gegangen ist, erkannt und verurteilt, und doch wurde Mr. Peltiers Auslieferung nie rückgängig gemacht.

Wir stellen fest, dass die US-Regierung in den vergangenen 15 Jahren immer wieder eingeräumt hat, dass sie keine Beweise dafür besitzt, wer des Verbrechens, für das Mr. Peltier ursprünglich verurteilt wurde, tatsächlich schuldig ist (vgl. Peltier vs. Henman, 997 F.2 at 469). Zudem hat der Appelationsgerichtshof festgestellt, dass Mr. Peltier vermutlich freigesprochen worden wäre, hätte das FBI nicht widerrechtlich Beweismittel zurückgehalten. Dennoch wurde ein neuer Prozess nie genehmigt, und sowohl FBI als auch Staatsanwaltschaft haben immer wieder alle anderen Wege zu Wiedergutmachung und Freilassung blockiert. Der ehemalige US-Generalstaatsanwalt Ramsey Clark, der frühere UNO-Botschafter der USA Bill Richardson, Senator Ben Nighthorse Campbell (Vorsitzender des Sonderausschusses für indianische Angelegenheiten), Kongressabgeordneter John Conyers (Komitee für Gerichtswesen der US Regierung) und das Europäische Parlament haben eine Untersuchung der rechtlichen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Verurteilung Mr. Peltiers gefordert.

1993 reichte der ehemalige US-Generalstaatsanwalt und heutige Anwalt Mr. Peltiers Ramsey Clark eine Petition auf Begnadigung ein, in der Präsident Clinton gebeten wurden, die Haftstrafe Mr. Peltiers in die bereits verbüßte Zeit umzuwandeln. Es begann eine intensiv geführte Kampagne, die von Menschenrechtlern in aller Welt unterstützt wurde und im letzten Amtsjahr von Präsident Clinton ein nationales Thema wurde. Wenige Monate vor Ende der Amtszeit des Präsidenten ließ das Weiße Haus bekannt geben, dass die Bitte Mr. Peltiers ernsthaft geprüft werde. Das FBI reagierte mit einer intensiven Desinformationskampagne in den Medien und gegenüber entscheidenden Beamten. Am 15. Dezember 2000 zogen mehr als 500 FBI-Agenten vor das Weiße Haus, um den US-Präsidenten unter Druck zu setzen, damit der die Begnadigung verweigert. In der am 20. Januar 2001 bekannt gegebenen Liste der Begnadigten wurde Mr. Peltiers Name nicht aufgeführt. Eine Erklärung wurde nicht abgegeben.

Angesichts dieser Umstände fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker die Kommission auf, den Sonderberichterstatter zu gegenwärtigen Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und entsprechender Intoleranz, den Sonderberichterstatter zur Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten sowie die Arbeitsgruppe zu Willkürhaft damit zu beauftragen, die Vereinigten Staaten zu besuchen, den Fall von Leonard Peltier, einem anerkannten Verteidiger der Menschenrechte von Ureinwohnern, einer Prüfung zu unterziehen und ihren Bericht bei der nächstfolgenden Sitzung vorzulegen.

Ergänzend dazu bitten wir die Kommission, die Empfehlung auszusprechen, dass die US-Regierung die 6000 auf den Peltier Fall bezogenen Dokumente, die vom FBI zurückgehalten werden, freizugeben. Abschließend ermutigen wir die Kommission, sich den verschiedenen US-Beamten und dem Europäischen Parlament anzuschließen und eine Untersuchung der rechtlichen Unregelmäßigkeiten zu fordern, die zu der Verurteilung Mr. Peltiers beigetragen haben.