06.03.2008

55 ethnische Minderheiten sind offiziell anerkannt

Kulturelle Vielfalt im Vielvölkerstaat China:

Angehörige der Yi

Wer an Chinas Nationalitäten denkt, dem kommen oft nur Tibeter und Uiguren in den Sinn. Doch die Volksrepublik ist ein Vielvölkerstaat, in dem diese beiden Völker nur zwei von 55 offiziell anerkannten ethnischen Minderheiten sind. Und manche dieser Ethnien sind sogar größer als Tibeter und Uiguren. Doch wer kennt die 16 Millionen Zuang, die nach den Han-Chinesen das zweitgrößte Volk sind? Sie leben im Südosten des Landes, im Autonomen Gebiet Guangxi. Oder die 9,8 Millionen Hui. Sie sind die größte muslimische Nationalität. Viele Hui sind durch Heiraten mit der Han-Mehrheitsbevölkerung verbunden, Angehörige dieser Bevölkerungsgruppe sind heute über ganz China verstreut. Obwohl viele Hui sich assimiliert haben oder mit den Han relativ problemlos zusammenleben, kam es in den letzten Jahren mehrfach in Zentralchina zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Hui und Han. Kaum Notiz wird auch von den 7,8 Millionen im Südosten des Landes lebenden Yi genommen. Lange wurden sie diskriminiert und ihre Siedlungsgebiete vernachlässigt. Dank staatlicher Förderung hat sich ihre Lage in den letzten Jahren verbessert.

Unter Assimilation leiden auch die 8 Millionen Tujia, die vor allem im Osten Chinas leben. Daher sprechen heute nur noch 30.000 Tujia ihre traditionelle Sprache. Schon im 18.Jahrhundert gaben die meisten der heute 10,7 Millionen Mandschu ihre eigene Sprache auf. Dieses Volk der Mandschurei lebt im Nordosten der Volksrepublik. Doch es gibt auch Ethnien, die ganz bewusst an ihrer Sprache festhalten. So beherrschen fast 80 Prozent der 3 Millionen Bouyai, die im Südosten Chinas leben, noch immer ihre traditionelle Sprache.

Manche der Völker sind auch in anderen Regionen Südostasiens anzutreffen. So die 8,9 Millionen Miao, die jenseits der Grenze in Laos auch Hmong genannt werden. Oder die 2,6 Millionen Yao, die als Bergvölker im Norden Thailands und Vietnams diskriminiert werden. Die 3 Millionen Dong wanderten vor tausend Jahren aus Thailand ein. Sie sind für ihre kunstvollen 13tönigen Gesänge sowie für den Bau von überdachten Brücken bekannt.

Es gibt auch vergleichsweise kleine indigene Gruppen, wie die 1,4 Millionen Hani in den Provinzen Yunnan und Guizhou im Südosten Chinas. Oder die 1,2 Millionen buddhistischen Dai in der Provinz Yunnan und die 1,2 Millionen Li auf der Insel Hainan im äußersten Süden des Landes. Allein in Yunnan leben 25 der 55 Minderheitenvölker.

Die 55 Nationalitäten stellen heute rund 110 Millionen Menschen, doch nur rund 8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Verteilt sind sie aber über 60 Prozent des Staatsgebietes, so dass die Behörden vor allem in strategisch bedeutsamen Grenzregionen sowie in Gebieten mit großen Rohstoffvorkommen massiven Assimilierungsdruck auf sie ausüben. In diesen Regionen gleicht China einem Pulverfass, während in anderen, weniger umstrittenen Gebieten, Minderheiten wie Folkloregruppen gefördert werden. Zwar regt sich in manch kleinerer Nationalität auch Kritik an der Vermarktung der traditionellen Kultur im Tourismus, doch diese Völker leiden nicht unter massiver Verfolgung wie Tibeter, Uiguren und Mongolen. Diesen drei größeren Ethnien wurde zwar offiziell Autonomie zugestanden, doch tatsächlich entscheiden in ihren autonomen Regionen weitgehend Han-Chinesen.