19.11.2009
400 Rentiere ertrunken - Klimawandel bedroht Ureinwohner - Bergbau boomt
Schweden:
Schwedens Sami-Ureinwohner leiden immer stärker unter den Folgen des
Klimawandels. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen
berichtete am Donnerstag, durch ansteigende Temperaturen erlebe der
Bergbau in den traditionellen Siedlungsgebieten der Sami in Nordschweden
einen Boom. Ohne Rücksicht auf traditionelle Landrechte und trotz
Einspruch der Ureinwohner hätten schwedische, kanadische, britische und
australische Bergbau-Konzerne seit Januar 2009 an 21 neuen Standorten
nach Eisenerz, Gold, Kupfer und Uran gebohrt. An den meisten
Explorationsorten sollen nun neue Tagebauminen entstehen. Dies ginge mit
so gravierenden Umweltzerstörungen einher, dass die Lebensgrundlage der
Sami in weitem Umkreis vernichtet werde. In mehreren Fällen hätten Sami-
Dörfer inzwischen Beschwerde gegen die Projekte bei den Behörden
eingereicht.
In Nordschweden werden die größten Goldvorräte Europas vermutet. Auch
Eisenerz, Kupfer, Silber und Zink ist in großen Mengen vorhanden. Erst
kürzlich wurden Nickelvorräte im Wert von 142 Millionen US-Dollars
entdeckt. Schon wird ein Ausbau der Eisenbahnlinien nach Norwegen
geplant, um die Erze schneller in die Häfen zur Verschiffung nach Übersee
zu transportieren.
Zusätzlich zu der Bedrohung durch den geplanten Tagebau gebe es durch
den Klimawandel bereits ernste Folgen für die traditionelle Rentierhaltung
der Sami. So seien Ende vergangener Woche 400 Rentiere beim
Überqueren eines zugefrorenen Flusses in der Nähe der Stadt Jokkmokk
durch das dünne Eis gebrochen und ertrunken. Die Bewohner des Sami-
Dorfes Sirges hatten bislang auf ihrem alljährlichen Weg zu den
Winterweiden nie Probleme mit zu dünnem Eis. Doch offenbar vereisen
Gewässer aufgrund des Klimawandels jetzt langsamer und später im Jahr.
Die Rentierherden seien durch die ansteigenden Temperaturen sogar in
ihrem Fortbestand bedroht, warnte die GfbV. Denn traditionell ernähren sich
die Rentiere von Flechten der Bäume, die sie früher unter dem Schnee
fanden. Wenn der Schnee bei Temperaturschwankungen um null Grad
antaut und später wieder zu einer harten Eisdecke friert, sind die Flechten
für die Tiere nicht mehr erreichbar. Viele Rentiere verenden, weil sie keine
Nahrung mehr finden. Immer öfter müssen Sami daher ihre Tiere im Winter
füttern. Langfristig können sich die Ureinwohner diesen Aufwand nicht
leisten. Rund 3000 der 20000 Sami in Nordschweden leben heute noch von
der Rentierzucht.