21.11.2014

19. Jahrestag des Friedensabkommens von Dayton (21.11.1995)

Gesellschaft für bedrohte Völker erinnert an Mitverantwortung Deutschlands und Europas für die Verbrechen in Bosnien und Herzegowina

19 Jahre nach dem entsetzlichen Massenmord an mehr als 8.000 bosniakischen Männern und Frauen in Srebrenica und zwei Jahrzehnte nach dem ersten Völkermord in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg erinnert die Gesellschaft für bedrohte Völker an die Mitverantwortung des wiedervereinigten Deutschlands und der westlichen Großmächte für die Verbrechen an den muslimischen Bosniaken. Nach GfbV-Schätzungen fielen von 1992 bis 1995 bis zu 150 000 Kinder, Frauen und Männer Massakern serbischer Truppen zum Opfer, wurden in hunderten Konzentrations- und Vergewaltigungslagern zu Tode gemartert, starben durch Bombardements und während der Flucht und Vertreibung. Fast vier Jahre lang mussten die Bürger Sarajevos die gnadenlose Beschießung und Zerstörung ihrer Stadt durchleiden.

Während viele jüdische Persönlichkeiten die Verbrechen in Bosnien als Genozid bezeichneten und eine Intervention des Westens forderten - unter ihnen Simon Wiesenthal, Marek Edelman, Elie Wiesel, Susan Sonntag, Alain Finkielkraut, Roy Gutman, Bernard Kouchner etc. –, schauten die europäischen Regierungen den Verbrechen serbischer Truppen lange Zeit tatenlos zu. Marek Edelmann, früherer Kommandeur der Widerstandskämpfer des Warschauer Gettos, kritisierte während des Krieges: „Europa hat aus dem Holocaust nichts gelernt. Nichts ist unternommen worden dieses Morden zu beenden. Was sich in Bosnien-Herzegowina ereignet, ist ein posthumer Sieg für Hitler.“

Simon Wiesenthal, der die Menschenrechtsarbeit der Gesellschaft für bedrohte Völker ebenfalls unterstützte, erinnerte am 25. Oktober 1994 an die seinerzeit unterdrückte Existenz von Auschwitz und erklärte: „Es ist derselbe Grund, warum die Welt jetzt nichts unternimmt, um die ethnische Säuberung, die systematische Vergewaltigung von Frauen und kleinen Mädchen, das Niedermetzeln der Unschuldigen, die Schandtaten, die die Auswirkungen eines Völkermordes annehmen, zu stoppen. Es war Feigheit, Herzlosigkeit und fehlendes moralisches Empfindungsvermögen der westlichen Welt.“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker weist darauf hin, dass auch das wiedervereinigte Deutschland nichts unternahm, um den Bosnienkrieg zu beenden. Fast vier Jahr lang hatte auch die Regierung Kohl dem unendlichen Leiden der bosnischen Bevölkerung zugesehen und schließlich das Diktat von Dayton unterzeichnet, das das Land teilte und den serbischen Extremisten ein Drittel Bosniens überließ. 1,5 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene konnten so nicht in ihre Heimatorte zurückkehren.


Tilman Zülch, der Generalsekretär der GfbV ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 31 oder politik@gfbv.de.


Header Foto: © Akif Sahin/Flickr