28.09.2005

1. TIBET BRAUCHT UNTERSTÜTZUNG

Die Parteien zu unserem Wahlprüfstein 1

Wir fragten:

Was werden Sie für die Beendigung der kulturellen und religiösen Unterdrückung und Verfolgung der Tibeter tun?

Antwort für die CDU

Markus Lackamp / CDU-Bundesgeschäftsstelle:

In seinem Beschluss vom 23. April 1996 forderte der Deutsche Bundestag von der chinesischen Regierung u.a. die Achtung der Menschenrechte, die Beendigung der Zerstörung der tibetischen Kultur sowie die Annahme des vom Dalai Lama angebotenen Dialogs. Tibet blieb auch in den Folgejahren ständiger Beratungsgegenstand im Deutschen Bundestag. Am 16. April 2002 wurde ein zweiter Tibet-Beschluss gefasst, in dem der Bundestag die Mitglieder des Chinesischen Volkskongresses bat, sich mit dem Thema Tibet zu befassen und sich dafür einzusetzen, dass ein direkter Dialog mit dem Dalai Lama aufgenommen wird. Die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im interfraktionellen Tibet-Arbeitskreis, im Auswärtigen Ausschuss sowie im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe haben seitdem immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Antwort des chinesischen Volkskongresses aussteht, und zuletzt auch Bundestagspräsident Thierse vor seiner China-Reise im April dieses Jahres gebeten, gegenüber seinem chinesischen Kollegen dieses Thema anzusprechen.

Vertreter der Union haben bei allen ihren Kontakten gegenüber Vertretern der chinesischen Führung wiederholt das Schicksal des Panchen Lama, die Unterdrückung jeglicher kulturellen und religiösen Identität der Tibeter, die Inhaftierung von Nonnen und Mönchen, die Folter in den Gefängnissen, die Zerstörung der Umwelt sowie die gezielte Sinisierungspolitik auf Kosten der tibetischen Kultur zur Sprache gebracht. Dies werden sie auch weiterhin tun.

Die Union hat einen engen Kontakt zum Dalai Lama bzw. seinem Europa-Büro mit Sitz in Genf gepflegt. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende Frau Dr. Merkel hat am 16. Juni dieses Jahres auch ein längeres Gespräch mit dem Dalai Lama geführt; auch Ministerpräsident Koch unterhält eine Verbindung zum Dalai Lama.

Antwort für die SPD

Gernot Erler:

Die rot-grüne Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen setzen sich kontinuierlich für die Verbesserung der Menschenrechtslage in Tibet ein. Wir unterstützen den tibetischen Anspruch auf Autonomie, insbesondere im kulturellen und religiösen Bereich, als adäquaten Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des tibetischen Volkes. Die Tibetfrage kann nur im Dialog zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama selbst gelöst werden. Wir ermuntern die chinesische Seite zur Fortführung des Dialogs und tun dies auch öffentlich. Das Thema Tibet ist auch Bestandteil des Rechtsstaatsdialogs, der unter Leitung der damaligen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin mit der chinesischen Regierung vereinbart wurde.

Antwort für Bündnis90/Die Grünen

Joschka Fischer:

Unsere Fraktion hat eine lange Tradition im Engagement für die Rechte der Tibeter. Wir bemühen uns im Rahmen unserer Möglichkeiten um die Stärkung der Menschen- und Minderheitenrechte in China und werden dies auch weiter tun. Forderungen zu Tibet und insgesamt zum Thema Menschenrechte sind Teil einer grundsätzlichen Erwartung an die Entwicklung in der Volksrepublik China. Diese Erwartung betrifft die Demokratisierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens, darunter den Aufbau eines Rechtsstaates und die Gewährleistung von Minderheitenrechten. In diesem Zusammenhang kann und muss sich die Situation in Tibet und der tibetischen Bevölkerung verbessern. Unter den gegenwärtigen Bedingungen in China kann diese Entwicklung allenfalls sehr langsam fortschreiten. Die mit der rasanten Entwicklung der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Beziehungen Chinas verbundene notwendige Öffnung nach außen kann diesen Prozeß beschleunigen, sofern die Frage der Menschen- und Minderheitenrechte von der westlichen Politik China gegenüber ausreichend betont wird.

Antwort für die Linkspartei.PDS

Sabine Woop bzw.Claudia Gohde/ Wahlquartier 2005:

Wir stimmen mit Ihnen überein, dass die heutigen Probleme in Tibet gewaltlos, mit politischen Mitteln gelöst werden müssen. Der beste Weg wäre in der Tat ein Dialog zwischen dem Dalai Lama und der Regierung der VR China. Das empfehlen wir beiden Seiten. U. a. hat das Gregor Gysi während eines Besuches in China im Jahre 2000 getan. Offenbar ist dafür aber noch viel Misstrauen auf beiden Seiten abzubauen. Wir sehen in den Anstrengungen zur verstärkten wirtschaftlichen Entwicklung Tibets und der Verringerung des Abstandes zu den entwickelten Gebieten Chinas ebenfalls einen Weg, vorhandene Ressentiments zu mildern. Dass die Bevölkerung sich dabei ethnisch stärker mischt und bei wachsender Freizügigkeit der Ansiedlung in China auch mehr Han-Chinesen nach Tibet ziehen, wird sich wohl nicht vermeiden lassen. Wir sind ohne Vorbehalte für eine multikulturelle Gesellschaft in Deutschland. Also können wir schlecht für China ethnische Abgrenzungen fordern.